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Die Teufelsaustreiber

Eine Firma in Baden-Württemberg ist auf Druckfehlerbeseitigung bei fertigen Büchern spezialisiert

  • Anna Schürmann, dpa
  • Lesedauer: 3 Min.
Manchmal fehlen nur ein paar Buchstaben, manchmal fehlt das Inhaltsverzeichnis. Seit mehr als 30 Jahren hat sich die Firma Kapp in Baden-Württemberg der Jagd auf den Druckfehlerteufel verschrieben.

Dettingen unter Teck. Es waren nur zwei Buchstaben, doch für einen Verleger waren sie entscheidend. In seinem neuen Buch über die Biere der Welt fehlten in einer Überschrift die Buchstaben n und d. Aus »Irland« wurde »Irla«. Aus der Not des Kunden ihres Mannes generierte Helena Kapp im Jahr 1976 ihren ersten Auftrag. Mit Müttern aus der Krabbelgruppe ihres Sohnes fuhr sie abends zu dem Verlag. Die Frauen rubbelten die fehlenden Buchstaben ins Buch hinein, die Auflage war gerettet. Seitdem bügelt die Buchbinderei Franz Kapp Druckfehler aus, ein Ende ist nicht abzusehen. »Es passiert alles, was sie sich nicht vorstellen können«, sagt Geschäftsführerin Helena Kapp.

Bei der Kapp GmbH in Dettingen unter Teck (Kreis Esslingen) geht es aber nicht nur um den Druckfehlerteufel. Oft fehlt in Büchern das Inhaltsverzeichnis, was dann nachträglich per Hand ersetzt wird. Manchmal geht es nur um ein Exemplar, manchmal um eine Auflage von mehreren tausend Büchern. 380 Titel bearbeiteten die 18 Mitarbeiter im Jahr 2010. Ein großer Kunde sei die Automobilindustrie, erzählt die 60-jährige Kapp. Schon eine einzige Zahl mache in einem Prospekt den Unterschied. »Wenn Sie ein Auto verkaufen, was 240 PS hat und es stehen nur 40 PS drin, können sie den Prospekt nicht unters Volk geben.«

Mit Hilfe des Unternehmens sparen Verlage Geld und Zeit. Da die Kapazität der großen Druckmaschinen immer ausgelastet sei, vergingen Wochen, bis neu gedruckt werden könne. Dabei wollen die Auftraggeber ihre berichtigten Exemplare eher gestern als morgen. Und bei einem Nachdruck würden die Kosten auf das Doppelte steigen, sagt Bernd Laubengaier vom Fachverband Führungskräfte der Druckindustrie und Informationsverarbeitung aus Stuttgart. Bei fehlerhaften Flyern, Plakaten oder Briefbögen druckten die Druckereien meist neu. Bei Broschüren oder Büchern, die gebunden seien, sei es für den Auftraggeber wesentlich günstiger, nur die einzelnen Fehler ausbügeln zu lassen. Es entstünden etwa zehn Prozent der Kosten. Dass viele Fehler passieren, liegt laut Helena Kapp daran, dass an der Korrektur gespart und viel im asiatischen Raum gedruckt wird.

Im Notfall kommt das Unternehmen wie vor über 30 Jahren auch an den Ort des Geschehens. Vor zwei Jahren fuhren Helena Kapp und ihr Mann nach Italien. Dienstags kam der Anruf einer Versicherung, die einen Fehler in einem Buchgeschenk für ihre Verkäufer gefunden hatte, zwei Tage später saßen sie im Flieger. »Wir haben zwei Seiten rausgemacht und zwei Seiten rein und die konnten es nicht fassen. Und waren dann umso begeisterter, dass es geklappt hat.«

Das Unternehmen ist nach eigenen Angaben weltweit tätig - die Aufträge kommen aus den USA, Spanien, Italien, Frankreich, der Schweiz und den Niederlanden. »Es gibt Verlage, die sagen, sie kennen uns, wollen aber nicht, dass man weiß, dass wir uns kennen«, sagt Knapp. Konkurrenzbetriebe vermutet sie vor allem in Osteuropa. »Die versuchen auch, ein Blatt zu wechseln. Und oft kriegen wir dann Produktionen, wo das nicht hinkommt.« Im Gegensatz zur Konkurrenz, die dann 200 Stück am Tag schaffe, seien es in Dettingen 8000.

Die Kapp'schen Techniken werden deshalb gut gehütet. Momentan sei die Auftragslage gut. Allerdings: Automobilfirmen oder Banken sparten bei der Auflagenhöhe ihrer Geschäftsberichte.

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