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Eisig, warm
Hannelore Hoger - die Schauspielerin erhält den Grimme-Sonderpreis für ihr Lebenswerk
Wenn man weiß, dass ihr Vater Schauspieler und Inspizient am Ohnsorg-Theater war und sie mit vierzehn Jahren das erste Mal selbst auf Hamburgs legendärer Humorbühne stand, wenn man beides also in Betracht zieht, dann wagt sich die Fantasie an eine tolldreiste Assoziation: Hinter den oft so melancholisch ernsten, so tief fühlenden und bedenkenden Gestalten dieser Schauspielerin steckt ein fester Urgrund des Gauklerischen, des Komödiantischen, des Augenzwinkerns.
Was sich schon allein darin zeigt, dass sie ihr Geburtsdatum verheimlicht. 1941? 1942? »Ich bin so alt, wie ich aussehe!« In Hamburg geboren, arbeitete sie seit 1960 am Theater - Ulm, Bremen, Stuttgart, Köln, Berlin, Hamburg. Wurde Alexander Kluge ihr wesentlicher Filmregisseur, so war Peter Zadek (mit dem sie eine Weile zusammenlebte) ihr theatralischer Erwecker. Da fand Entscheidendes zusammen: Verderberlust wider alles deutsche Kleinstädtische; Freude an allem, was sich säuselnder Biederkeit in die ordentlichen Wege warf. Vor einigen Jahren kehrte die Hoger noch einmal zu Zadek zurück: in dessen Inszenierung von Strindbergs »Totentanz« am Wiener Akademietheater. Im Ehehöllendrama (mit Gert Voss als Partner) war die Hoger gleichsam ein Krokodil, das schon Jahrhunderte im Beziehungsschlick ruht, auf die Bissgelegenheit wartend. Liebe? Was Schönes, wenn einer endlich stirbt.
Für die meisten ist die Hoger: Bella Block. So viel Traurigkeit im Blick auf die Zustände. So viel Resignation mitten in der Unermüdlichkeit fürs Recht. So viel Erstaunen, dass man selber nicht aufgibt. Diese ZDF-Kommissarin ist ein Mensch der inständig bewahrten Fremdheit inmitten einer frech gewordenen Geläufigkeit von Karriere-Kriminalität, Korruption, Käuflichkeit der höheren Kaste. Die Hoger nimmt jedes Tempo aus ihrem Spiel. Als trainiere sie im Nebenberuf Grönlands Eisberge in deren lebensnötiger Gabe, dem mürbenden Klima standzuhalten.
Nur lehrt die Block nicht wirklich Kälte, sie ist kühl, kühler, am kühlsten - für menschliche Wärme. Sie jagt, aber sie bleibt Gejagte: Leid, Ohnmächtigkeit verfolgen sie hartnäckiger, als sie selber Verbrecher verfolgen kann.
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