Rundfunkgebühr darf Existenzminimum nicht gefährden

Zwei aktuelle Hartz-IV-Urteile

  • Lesedauer: 2 Min.
Nachfolgend zwei aktuelle Hartz-IV-Urteile zur Problematik der Rundfunkgebühr und zu den Kosten für einen Nachsendeauftrag.

Zahlen Geringverdiener oder auch Sozialleistungsbezieher Rundfunkgebühren, dürfen sie damit nicht unter das Existenzminimum fallen. Andernfalls müssen sie von der Rundfunkgebühr ganz oder zumindest teilweise befreit werden, entschied das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe am 22. Dezember 2011 (Az. 1 BvR 3269/08). Damit bekamen eine Hartz-IV-Empfängerin und ihre Tochter sowie ein Rentner Recht.

Die Hartz-IV-Empfängerin hatte neben ihrem Arbeitslosengeld II noch einen befristeten Zuschlag erhalten. Als sie sich von der Rundfunkgebühr befreien lassen wollte, lehnte der Norddeutsche Rundfunk dies ab. Zwar würden Arbeitslosengeld-II-Bezieher von der Zahlung befreit, nicht aber, wenn sie zusätzlich zu ihrem Arbeitslosengeld II einen Zuschlag erhielten. Auch der Rentner erhielt keine Befreiung, da er mit seinen Einkünften knapp über dem Existenzminimum lag.

Das Bundesverfassungsgericht sah damit den Gleichheitsgrundsatz verletzt. Es sei unzulässig, dass Arbeitslosengeld-II-Beziehern, die einen Zuschlag erhielten, schlechter gestellt werden als Hartz-IV-Empfänger, die keinen Zuschlag beziehen und von der Rundfunkgebühr befreit werden. Gleiches gelte für Rentner, deren Einkünfte nur knapp über dem Existenzminimum liegen. Es dürfe nicht sein, dass mit der Einziehung der Rundfunkgebühr Sozialleistungsbezieher und Geringverdiener weniger als das ihnen zustehende Existenzminimum haben. Es müsse daher eine ganze oder teilweise Gebührenbefreiung gewährt werden.

Kosten für Nachsendeauftrag

Fordert ein Jobcenter Hartz-IV-Empfänger zum Umzug in eine billigere Wohnung auf, muss es den Arbeitslosen auch die Kosten eines Postnachsendeauftrags erstatten, entschied das Sozialgericht Mannheim am 12. Dezember 2011 (Az. S 10 AS 4474/10).

Im konkreten Fall zog nach einer solchen Aufforderung ein Hartz-IV-Bezieher in eine günstigere Wohnung um. Das Jobcenter bewilligte auch die Übernahme der Umzugskosten. Wegen des Umzugs hatte der Mann bei der Post einen Nachsendeauftrag gestellt und hierfür 15 Euro bezahlen müssen. Für die Telefonummeldung fielen weitere 60 Euro an. Das Jobcenter wollte zwar die Kosten für die Telefonummeldung übernehmen, nicht aber die für den Nachsendeauftrag. Das Sozialgericht urteilte, dass auch diese Kosten »zwangsläufig mit einem Umzug einhergehen« und von der Behörde zu übernehmen sind.

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