Manche wollen draußen bleiben

Obdachlose trifft die Kältewelle hart, es mangelt an Schlafplätzen und warmer Kleidung

  • Heiko Prengel, dpa
  • Lesedauer: 2 Min.

Manchmal ist schon ein Schluck heißer Tee ein Geschenk, wenn man sonst nichts zum Aufwärmen hat. »Danke«, sagt Anastasios gerührt und greift nach dem dampfenden Pappbecher. Dann bekommt er noch eine dicke Steppjacke. Seinen Schlafplatz aufgeben und sich in eine Notunterkunft fahren lassen, will der Obdachlose aber nicht: »Ich bleibe hier«, sagt er bestimmt. Und so fahren die Männer vom Berliner Kältebus weiter zum nächsten »Kunden«. Anastasios igelt sich wieder auf seinem Nachtlager ein: Schlafsack, ein paar Decken, Isomatte - unter freiem Himmel und genau gegenüber vom Bahnhof Zoo. Es sind minus sieben Grad Celsius.

»Man kann sie nicht zwingen mitzufahren«, sagt Carlo Trobisch, während es durch die hell erleuchtete City West geht. Der Sozialarbeiter fährt im dritten Winter den Kältebus des Berliner Roten Kreuzes. Der Bus ist jetzt jeden Abend unterwegs, um all die zu versorgen, die am meisten unter der eisigen Kälte leiden: Menschen ohne festes Dach über dem Kopf. In der Hauptstadt sind es geschätzte 8000. Viele kommen in einem Wohnheim oder anderswo unter, gut 1000 sollen dauerhaft auf der Straße leben.

Neben heißem Tee hat der Kältebus für sie wärmende Kleidung an Bord - Mützen, Unterwäsche, Pullover bis hin zum Schlafsack. Den Männern vom Roten Kreuz ist es aber am liebsten, wenn ein Obdachloser Ja sagt und sich in eine der 20 Notunterkünfte bringen lässt. Manche wollen jedoch partout draußen bleiben, und wenn es noch so kalt ist.

Die meisten Obdachlosen wollen nach dem plötzlichen Kälteeinbruch aber ins Warme. In der Nacht zu Sonntag suchten 467 Menschen Obdach - freie Plätze gibt es laut Berliner Kältehilfe nur 315. Seit Langem übersteige die Nachfrage das Angebot deutlich. Die beiden Kältebusse von Rotem Kreuz und Stadtmission sind seit dem 1. November in der Hauptstadt unterwegs. Allein die DRK-Männer zählten seitdem 1100 sogenannte Kontakte zu obdachlosen Menschen.

Im Winter seien die Berliner schon sehr hilfsbereit, meint DRK-Mann Trobisch. »Viele Obdachlose haben wirklich tolle Kontakte zu Nachbarn, die bringen Kaffee und Essen vorbei.« Im Sommer schwinde die Toleranz - »dann sind es Penner, die herumlungern.«

Spenden für die Kältehilfe können auf das Konto mit der Nummer 3360102 bei der Bank für Sozialwirtschaft (BLZ 10020500) überwiesen werden. Der Empfänger ist »GEBEWO - Soziale Dienste«. Verwendungszweck: »Kältehilfe«.

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