Kieler Höllenengel verboten

300 Polizisten durchsuchen Wohnungen und Club

  • Dieter Hanisch, Kiel
  • Lesedauer: 3 Min.
Drei Monate vor der Landtagswahl in Schleswig-Holstein hat CDU-Innenminister Klaus Schlie die Hells Angels in Kiel verboten. Nach dem Verbot der Hells Angels Flensburg und der Bandidos Neumünster im April 2010 ist dies das dritte Verbot von Rockergruppen im Land.

Schleswig-Holsteins Innenminister Klaus Schlie (CDU) sagt der Rockerszene weiter den Kampf an. Am Dienstag verbot er den seit 1994 existierenden Vereinsableger der Hells Angels in Kiel. Seit 6 Uhr morgens waren 300 Polizisten, darunter auch mit Sturmhauben maskierte Kräfte vom Spezialeinsatzkommando der Landespolizei, im Einsatz.

Die Beamten übergaben den 25 Mitgliedern die Verbotsverfügung und durchsuchten sieben Wohnungen sowie die Rocker-Stammkneipe »SansiBar«. Dabei ging es darum, das Vereinsvermögen zu beschlagnahmen. Unter anderem wurden den Rockern auch ihre Kutten mit dem nun verbotenen Aufnäheremblem abgenommen.

Kampf mit den Bandidos

Zwischen Hells Angels und den rivalisierenden Bandidos hatte es in Schleswig-Holstein in den vergangenen Jahren immer wieder gewalttätige Auseinandersetzungen gegeben. Die Hells Angels griffen dabei auch auf die Mithilfe ihrer Unterstützerklubs Red Devils oder - dies konkret in Kiel - auf die Gruppierung »Legion 81« zurück.

Das Landeskriminalamt erkannte in allen Fällen klare Bestrebungen von Organisierter Kriminalität, die sich in Schutzgelderpressung, Menschenhandel, Förderung der Prostitution, Anabolika- und Drogenhandel ausdrückt. Von den Hells Angels ist bekannt, dass sie im Bereich von Tätowierstudios und -messen intensive Geschäftsstrukturen aufgebaut haben, aber auch im Sicherheitsgewerbe, in Freizeit- und Fitnessclubs sowie im Gastronomiebereich tätig sind. Im April 2010 hat Schlie die Rockergruppierungen der Hells Angels in Flensburg und der Bandidos in Neumünster verboten.

In beiden Fällen laufen Klagen dagegen, über die das Oberverwaltungsgericht in Schleswig noch nicht entschieden hat. Im vergangenen Jahr gab es bei den Bandidos eine Razzia, weil die Ermittlungsbehörden Erkenntnisse hatten, dass die Rocker ihre Aktivitäten trotz Verbotes fortgeführt hatten. Doch die Maßnahmen der Polizei schreckten die Führungskräfte der Organisation wenig. Sie wollten ihren zentralen Treffpunkt einfach in den kleinen Ort Padborg unmittelbar hinter die deutsch-dänische Grenze legen und neuerdings in der Kleinstadt Wahlstedt im Kreis Segeberg einen neuen Stützpunkt aufbauen.

Im September 2011 wurde das Vereinsheim der Rockergruppe Mongols in Kiel auf Veranlassung der Kieler Ordnungsbehörde geschlossen.

Beobachter vermuten, dass der Zeitpunkt für Schlies Verbotsentscheidung wohl auch unter wahlkampftaktischen Gesichtspunkten zu sehen ist. Für den 6. Mai sind in Schleswig-Holstein Landtagswahlen angesetzt, Union und die SPD ringen darum, stärkste Kraft zu werden. Dem Minister wird unterstellt, sich eben deshalb plötzlich vehement auch gegen Neonazis sowie gegen Asbestmülltransporte einzusetzen.

Etwa 800 Mitglieder

Die im Jahr 1948 in den USA gegründeten Hells Angels traten in Deutschland erstmals 1973 in Hamburg in Erscheinung. Bundesweit gibt es knapp 50 Charter mit geschätzten 800 Mitgliedern. In Hamburg wurden die »Höllenengel« 1983 verboten und agieren dort seitdem meist in verdeckter Form vom Hamburger Umland aus. Neben den beiden schleswig-holsteinischen Verboten sind sie auch in Düsseldorf, Pforzheim und Frankfurt am Main (Frankfurt und Westend) untersagt.

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