Vollzeitstelle als Auslaufmodell

Winter lässt Erwerbslosenzahl wieder steigen / Arbeitsverhältnisse immer prekärer

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Zum Jahresbeginn ist die Zahl der Erwerbslosen in Deutschland wieder über die Drei-Millionen-Marke gestiegen. Für Berufseinsteiger, Ältere und Menschen, die lange Zeit ohne Arbeit waren, bleibt die Lage besonders schwierig.

Nürnberg (Agenturen/nd). Frostige Temperaturen haben die Zahl der Arbeitslosen in Deutschland im Januar zum Vormonat um 302 000 auf 3,082 Millionen steigen lassen. Das waren zugleich aber 264 000 weniger als vor einem Jahr, wie die Bundesagentur für Arbeit (BA) mitteilte. Damit überschritt die Zahl der Erwerbslosen zum ersten Mal seit neun Monaten wieder die psychologisch wichtige Drei-Millionen-Marke. Die Arbeitslosenquote stieg verglichen mit dem Vormonat um 0,7 Punkte auf 7,3 Prozent (2010: 7,9 Prozent).

Der Vorstandschef der Bundesagentur für Arbeit, Frank-Jürgen Weise, sagte: »Die Arbeitsmarktentwicklung im Januar knüpft an die gute Entwicklung des letzten Jahres an. Der aktuelle Anstieg der Arbeitslosigkeit hat rein jahreszeitliche Gründe.« Witterungsbedingt ruhte auf vielen Baustellen die Arbeit.

Der Bedarf an Arbeitskräften sei immer noch hoch, so Weise. Im Januar lag der Bestand an gemeldeten Stellen bei 452 000, das sind nach Angaben der BA 77 000 mehr als im Vorjahr. Besonders gesucht sind zurzeit Fachleute in den Bereichen Mechatronik, Elektro, Energie, Metall, Maschinenbau, Logistik und Gesundheit.

In den kommenden Monaten rechnet die BA mit einer Fortsetzung des Job-Booms. Die Drei-Millionen-Marke werde aber auch im Februar voraussichtlich nicht wieder unterschritten. Je nach Wetterlage könnte die Zahl der Erwerbslosen im kommenden Monat sogar um bis zu 60 000 steigen.

DGB-Vorstandsmitglied Annelie Buntenbach, sagte am Dienstag in Berlin, die positive Entwicklung im Vergleich zum Vorjahr könne nicht darüber hinwegtäuschen, dass der Arbeitsmarkt für Jung und Alt weiterhin prekär bleibe. »Von guter Arbeit mit anständigen Löhnen und sicheren Perspektiven sind gerade junge Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer meilenweit entfernt.« Viele freie Stellen seien befristet oder im Leiharbeitsbereich angesiedelt.

Auch die arbeitsmarktpolitische Sprecherin der Linksfraktion im Bundestag, Sabine Zimmermann, kritisierte, dass jede dritte gemeldete Stelle ein Leiharbeitsplatz ist. Auch Teilzeitarbeit sei weiter auf dem Vormarsch: »Das Normalarbeitsverhältnis - eine Vollzeitstelle mit existenzsicherndem Lohn - wird mehr und mehr zum Auslaufmodell.«

Buntenbach und Zimmermann machten darauf aufmerksam, dass Ältere und Langzeiterwerbslose nicht vom Rückgang der Arbeitslosigkeit profitierten: Während die Erwerbslosigkeit im vergangenen Jahr insgesamt um fast acht Prozent sank, sei sie bei den Älteren nur um 3,2 Prozent zurückgegangen, so Buntenbach. Damit hat sich laut Zimmermann der Anteil der Langzeiterwerbslosen an allen Erwerbslosen im Vergleich zu 2011 von 33 auf 34 Prozent sogar leicht erhöht und liegt deutlich über dem EU-Durchschnitt.

Der Sozialverband AWO forderte angesichts der Zahlen mehr Anstrengungen der Bundesregierung für Langzeiterwerbslose. »Die Spaltung des Arbeitsmarktes wird sich weiter verfestigen«, erklärte der AWO-Bundesvorsitzende Wolfgang Stadler.

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