nd-aktuell.de / 03.02.2012 / Politik / Seite 5

Kummer der Kümmererpartei

Die Linkspartei will mit einer mietenpolitischen Kampagne in die Offensive kommen

Uwe Kalbe
Die LINKE will in die Offensive. Gegen den Wählerschwund will man sich mit klaren Angeboten zur Identifizierung in Stellung bringen. Zum Beispiel mit einer Kampagne zur Mietenpolitik.

Wieso verliert die LINKE trotz gesellschaftlicher Konflikte, trotz Finanzkrise und Militarisierung der Außenpolitik an Wählergunst? In Zeiten der Krise wende sich der Mensch lieber den scheinbar sicheren Verhältnissen einer erprobten Regierungskonstellation zu, argumentiert Bundestagfraktionschef Gregor Gysi an dieser Stelle gern. Doch die LINKE hat auch eigenen Anteil an der Verunsicherung ihrer Wähler.

Beispiel Mietenpolitik. Die Linkspartei hat in Regierungsverantwortung gerade hier versagt, so lautete die Kritik nach der Wahl in Berlin im Herbst letzten Jahres, als die LINKE in die Opposition im Abgeordnetenhaus geschickt wurde. Mit ihrer Beteiligung an der Privatisierung städtischer Wohnungen habe sie eigenen Anteil an der Verschärfung der Lage auf dem Berliner Wohnungsmarkt, so der Vorwurf. Man habe sich dem Thema Mieten nicht nachdrücklich genug gewidmet, formulierte Landesparteichef Klaus Lederer damals vorsichtig selbstkritisch.

Gemessen am eigenen Parteiprogramm ist der Anspruch zumindest klar: »Die LINKE strebt dann eine Regierungsbeteiligung an, wenn wir damit eine Verbesserung der Lebensbedingungen der Menschen erreichen können.« So etwas wie in Berlin dürfe der Partei nicht wieder passieren, darüber ist sich der Parteivorstand klar. »Gerade über die Mietenpolitik können wir wieder zu einer Kümmererpartei werden«, sagt Bundesgeschäftsführerin Caren Lay. Gemeinsam mit ihrem Amtskollegen Werner Dreibus hat sie auf der letzten Vorstandssitzung den Vorschlag zu einer mieten- und wohnungspolitischen Offensive der Partei eingebracht, der nun Grundlage weiterer Diskussionen ist und im Frühjahr beschlossen werden soll. Es gelte, »Mieterinteressen endlich wieder zu vertreten«, so Lay.

Im Entwurf werden »Anstrengungen im Kampf gegen Mietenexplosionen, soziale Verdrängung, für mehr Sozialwohnungen und öffentlichen Wohnungsbau, gegen die Privatisierung von öffentlichem Wohnraum sowie gegen Zwangsräumungen von Hartz IV-EmpfängerInnen« angekündigt. Zum Beispiel bei der ganz praktischen Beratung von Mietern in Sprechstunden gemeinsam mit Mietervereinen oder durch die Vorbereitung einer wohnungspolitischen Konferenz. Ziel der Partei ist es dem bisherigen Entwurf zufolge etwa, die Kosten von Modernisierungen, die bisher zu elf Prozent auf die Miete umgelegt werden können, zu einem größeren Anteil den Vermietern anzulasten. Nur noch fünf Prozent sollen auf die Miete umgelegt werden dürfen, überhaupt soll vom Haushaltseinkommen nicht mehr als ein Drittel für Miete draufgehen.

Bei Organisationen wie dem Mieterbund hat sich die Partei gerade im Bundestag mit ihren Überlegungen einen guten Ruf erarbeitet. Der bleibt allerdings im Verborgenen, offener Schulterschluss verbietet sich den parteipolitisch oft bei der SPD gebundenen Interessenvertretern oft. Der Wähler kriegt von dem Dilemma wenig mit. Anders die Konkurrenz in der Opposition, also im Fall des sozialen und ökologischen Wohnungsbaus die Grünen im Bundestag, die parallel eigene Initiativen ergreifen. Wenn es gelinge, die Lage der Menschen zu verbessern, sei das entscheidend, sagt Gysi. Dafür verzichte er dann zur Not auch auf ein paar Prozentpunkte. Für die Partei kann das nicht gelten. Ob die Mietenkampagne etwas bewirkt, wird sich zeigen.