Keine Geldfrage

Bernd Kammer hat Verständnis für Schwarzfahrer

  • Lesedauer: 2 Min.

Alle Jahre wieder verlangen Verkehrsunternehmen gern mehr Geld von ihren Fahrgästen, sowohl von denen mit als auch ohne Fahrschein. Jetzt soll mal wieder zum Zwecke der Abschreckung das Bußgeld für Schwarzfahrer erhöht werden, von 40 auf 60 Euro, bei Wiederholungstätern auf 120 Euro.

Der ehrliche Fahrgast wird es sicher als gerecht empfinden, dass er mit seinem Ticket nicht noch solche Mitfahrer finanzieren muss. Ob es aber auch sinnvoll ist, die Strafen anzuheben, darf bezweifelt werden. Die Schwarzfahrerquote der BVG liegt seit Jahren bei etwa drei bis vier Prozent. Gegen die besonders hartnäckigen Nichtzahler erstattet das Unternehmen pro Jahr 12 000 Strafanzeigen wegen »Leistungserschleichung«. Das Problem: Von den meisten Erwischten ist überhaupt kein Bußgeld einzutreiben, weil bei ihnen schlicht nichts zu holen ist.

Jetzt wird die Sache richtig teuer - für den Staat: Da es sich um eine Straftat handelt, kommt die Justiz ins Spiel. Fast 30 Prozent aller Gerichtsverfahren befassen sich mit notorischen Schwarzfahrern, Mehrfachtäter bevölkern die Gefängnisse. Nicht wenige Richter fordern deshalb, dieses Delikt nur noch als Ordnungswidrigkeit zu werten oder Hartz-IV-Empfänger umsonst fahren zu lassen. Der rot-rote Senat hatte immerhin über eine Bundesratsinitiative zur Entkriminalisierung nachgedacht.

Das Problem sind nicht die Schwarzfahrer, sondern die ständig steigenden Fahrpreise. Wer kein Ticket mehr bezahlen kann, wird sich auch von 60 Euro nicht abschrecken lassen. Und warum Schwarzfahren teurer sein soll als Schwarzparken, muss auch endlich erklärt werden.

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