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Augen zu und durch

Diätenerhöhung im NRW-Landtag in der Kritik

  • Marcus Meier
  • Lesedauer: 3 Min.
Die vorgesehene außerplanmäßige Erhöhung der Abgeordnetenbezüge in Nordrhein-Westfalen um 500 Euro ist umstritten. LINKE, aber auch Wirtschaftsliberale wettern seit Langem dagegen. Gestern beriet der zuständige Hauptausschuss des Landtages zum letzten Mal - eine letztlich überflüssige Talkrunde.

Eigentlich geht es nur um eine Entscheidung, welche die Landeskasse Nordrhein-Westfalens lediglich um etwas mehr als eine Million Euro pro Jahr belastet. Das ist nicht viel im Etat eines 18-Millionen-Einwohner-Landes - doch die vorgesehene Aufstockung der Diäten der derzeit 181 Landtagsabgeordneten sorgt seit Wochen für Verdruss, Proteste, Negativ-Schlagzeilen.

Es geht um 500 zusätzliche Euro pro Monat - zwecks Verbesserung der Altersversorgung der Volksvertreter. Statt auf 1250 könnte ein Zwei-Legislaturperioden-Parlamentarier sich dann auf 1570 Euro (Zusatz-)Rente freuen. Unter dem Strich würden die Abgeordneten 10 726 Euro im Monat überwiesen bekommen, allerdings bei weitestgehendem Verzicht auf die in anderen Parlamenten üblichen steuerfreien Pauschalen.

Längst beschlossen

Und so wird es wohl auch kommen. Bereits am Anfang der Woche hatten die Fraktionen der Regierungsparteien SPD und Grüne zusammen mit der oppositionellen CDU-Fraktion beschlossen, über ihren gemeinsamen Gesetzesentwurf am kommenden Mittwoch unverändert abstimmen zu lassen. Dabei wurde erst gestern eine Expertenanhörung vom 19. Januar im Hauptausschuss des Landtages überhaupt ausgewertet. Ein »ganz normaler parlamentarischer Vorgang«, wie CDU-Fraktionsvize Armin Laschet betonte. Empörung über die Diätenpläne sei nur entstanden, weil die LINKE als deren Stichwortgeber aufgetreten sei, assistierte SPD-Parlamentarier Marc Herter. FDP-Fraktionschef Gerhard Papke beklagte hingegen einen »arroganten Umgang mit dem Thema«, der einen »Tiefschlag für das Ansehen des Landtages bedeute«. Die von der LINKEN initiierte Anhörung interessiere SPD, CDU und Grüne »nicht die Bohne«.

Solange die Bürger mit Lohn- und Rentenkürzungen leben müssten, dürften die Abgeordneten sich ihre Bezüge nicht erhöhen, argumentiert Özlem Demirel. Die parlamentarische Geschäftsführerin der Linksfraktion beruft sich auf Proteste aus der Bevölkerung und die Meinung der Sachverständigen, welche die Erhöhung mehrheitlich für überflüssig hielten.

Tausende Mails und Briefe

Selbst die SPD- und CDU-nahe Presse ist nicht begeistert vom Prozedere und dessen Gegenstand: »Augen zu und durch« laute das Motto der informellen schwarz-rot-grünen Koalition, kommentiert die »Westdeutsche Allgemeine«. Ohne Fingerspitzengefühl würden die 500-Euro-Befürworter ihre »unangemessene Aufstockung« durchboxen. Schon vor der gestrigen Hauptausschusssitzung seien die Würfel gefallen, moniert auch die »Rheinische Post«. »Sehr eilig« hätten SPD und CDU vorab Fakten geschaffen.

Gegen die geplante Diätenerhöhung hatte der Bund der Steuerzahler eine »Gegenwehr der Bürger« organisiert. 18 800 Mails, über 15 000 Postkarten und mehr als 7000 Protestbriefe seien bisher bei den Parlamentariern eingegangen, hieß es gestern aus der NRW-Zentrale des Bundes.

Vor der Landtagswahl 2005 hatte der Landtag eine grundsätzliche Diätenreform beschlossen. Sie betraf insbesondere die Altersversorgung der Parlamentarier, die viele seinerzeit als zu üppig empfanden. Sie sollte auf 60 Prozent des damaligen Niveaus abgesenkt werden - so wird zumindest heute argumentiert. Ein Versorgungswerk wurde installiert, in das die Abgeordneten derzeit 1614 Euro pro Monat einzahlen. Erst mit 2114 Euro - eben 500 Euro mehr - könne das 60-Prozent-Ziel erreicht werden. Doch die Urheber der Reform betonen unisono, dass diese Marke von ihnen nie formuliert worden sei.

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