Lichtblick

»Ein gutes Leben: Ich lebte zur Zeit der Bäume.« (Paavo Haavikko)

  • Hans-Dieter Schütt
  • Lesedauer: ca. 2.0 Min.

Vor wenigen Tagen wurden in Stuttgart, für den Bau des neuen Hauptbahnhofs, dreißig Bäume gefällt. Die nächtliche Aktion ging durch die Presse: Der letzte Ort für den geschändeten Baum ist der Blätterwald.

Was waren das für Zeiten, in denen ein Gespräch über Bäume fast ein Verbrechen war, weil es das Schweigen über so viele menschliche Untaten einschloss. Sagte Brecht. Was für Zeiten, da ein Gespräch über menschliche Untaten fast ein Verbrechen ist, weil es ein Schweigen über so viele sterbende Bäume einschließt. Sagt der Dichter Jürgen Rennert.

Nichts stellt sich der menschlichen Kurzlebigkeit beharrlicher entgegen als Bäume. Sie bilden ihre Körper aus, unbekümmert darum, wen sie eines Tages beschirmen. Ein Mensch, der kräftige, hohe Bäume betrachtet, schaut in die Zeit seiner Vorgeburt, meist auch auf etwas, das ihn überlebt. Solches Schauen ist ein Erlebnis, von dem niemand die genauen Teile von Trauer und erlösungstiefer Gelassenheit abwägen kann.

Die Kronen der Bäume waren stets höher als unser kleiner Scheitel. Wer ins dichte Laub hoher Bäume klettert, verirrt sich in...


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