Plattenbau

The Black Keys: El Camino

  • Michael Saager
  • Lesedauer: 3 Min.

Die Erfolgsgeschichte der Black Keys geht weiter. Immer weiter. Muss sie auch, schließlich hat bei den Aufnahmen von »El Camino«, dem siebten Albums unseres beliebten Blues-Rock-Duos, Brian Burton (Danger Mouse) an den Reglern gesessen - der Überproduzent niveauvollen Powerpops. Und zwar im bandeigenen Studio in Nashville. In der Welthauptstadt des Country sind Gitarrist Dan Auerbach und Schlagzeuger Patrick Carney derweil zuhause. Raus aus dem langweiligen Akron in Ohio.

Erfolg erleichtert das Umziehen und macht die Tatsache, dass in Nashville jeder zweite blind geworfene Kieselstein einen waschechten Musiker träfe, erst wirklich attraktiv. Erfolg? Der fängt wann genau an? Vielleicht hier: Gleich drei Grammys gab's für das Vorgängeralbum »Brothers« aus dem Jahr 2010. Mit Sicherheit hätte es die nicht gegeben, wenn die Black Keys ihre Songs nicht rechtzeitig aus der rostigen Trommel ihrer kaputten Waschmaschine im Keller geholt und zum Trocknen auf die Leine in die poppig strahlende Sonne gehängt hätten.

Erfolg heißt auch, treue Fans nicht völlig zu vergrätzen. Da das Herz der beiden Musiker auf seinem tiefstem Grund eine Garage ist, hatten Auerbach und Carney den charmant rumpelnden Knochenblues ihrer Vergangenheit auf »Brothers« nur eine kleine Grube ausgehoben. Zu Grabe tragen wollten sie ihn ohnehin nicht. Musikalischer Sex mit dem hymnischen Glamrock Marc Bolans und dem trockenen Geradeaus-Funk der Meters schenkte ihnen zahlreiche neue Freunde.

Damit waren sie endgültig vorbei, die Zeiten im klapprigen Minibus. Vorbei die Ochsentouren durch die Clubs amerikanischer Kleinstädte. Die ungezählten unbequemen Nächte auf krummgelegenen WG-Sofas. Von ihrer Minivan-Vergangenheit, die 2001 begann, erzählt nur noch das Cover des neuen Albums »El Camino«. Danger Mouse, der schon Hand an »Brothers« gelegt hatte, hat getan, was er am besten kann: Ohrwürmer zum Tanzen bringen. Gib uns die Kraft, die Dynamik! Gib uns satte, knackige, erdige Grooves! Mach die Räume weit, umso besser passen unsere Songs in die richtig großen Konzerthallen! Wer könnte es den beiden verübeln?

Der Purist von ganz früher, klar. Der Rest darf sich erfreuen an einer raumgreifend-wuchtigen Rock 'n' Roll-Platte, die für den Dancefloor wie gemacht scheint. Wo alles seinen ausgeklügelten Platz hat. Handclaps, rollende Drums, Chöre, ZZ-Top- und Led-Zeppelin-Gitarrenriffs, Boogie und Glamrock, Refrains aus hartem Zucker, Delta Blues und Heavy Soul, der Schweiß der Nacht. Sowieso. Vielleicht muss man es so sehen: Die Zeit der Garage ist nicht ganz vorbei. Sie hat einfach viele neue Freunde bekommen.

Das Lächeln, das diese Freunde lächeln, nein, es ist nicht falsch: Pop lächelt nun mal so, lächelt sich nach oben, weit nach draußen. Er kann nicht anders. Und Erfolg ist ein großzügig geschnittenes Hotelzimmer mit schickem Ausblick. Michael Saager

The Black Keys: El Camino (None-such/ Warner)

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