Spaniens Sozialisten verpassen den Neubeginn

Wahlverlierer Alfredo Pérez Rubalcaba wird neuer Parteichef

  • Ralf Streck, San Sebastián
  • Lesedauer: 3 Min.
Der frühere Innenminister Alfredo Pérez Rubalcaba ist neuer Chef der spanischen Sozialisten. Bei einem Parteitag in Sevilla setzte sich der 60-Jährige am Samstag in der Abstimmung gegen Ex-Verteidigungsministerin Carme Chacón durch.

Spaniens Sozialdemokraten, die sich Sozialisten (PSOE) nennen, sind tief gespalten. Das hat der 38. Parteikongress im südspanischen Sevilla am Wochenende gezeigt. Der konservative Flügel hat sich dabei knapp durchgesetzt und Ex-Innenminister Alfredo Pérez Rubalcaba am Samstag zum neuen Generalsekretär gekürt. Mit nur 22 Stimmen Vorsprung setzte sich Rubalcaba bei den 956 Delegierten gegen die Ex-Verteidigungsministerin Carme Chacón durch.

Gegen eine Verjüngung und einem Neubeginn mit der 41-jährigen Katalanin setzt die Partei auf Kontinuität mit dem 60-jährigen Rubalcaba. Dabei schien es, dass er nach seinem Scheitern bei den Wahlen im vergangenen November politisch erledigt wäre. Die PSOE musste nicht nur die Regierung an die konservative Volkspartei (PP) abgeben, sondern Rubalcaba hat das historisch schlechteste Ergebnis eingefahren. Gut 4,3 Millionen Wähler wandten sich von der Partei ab.

Die PSOE krallt sich an dem altgedienten Parteisoldaten fest. Rubalcaba saß schon unter Felipe González (1982-1996), dem ersten PSOE-Ministerpräsident nach dem Ende der Diktatur, als Bildungs- und Präsidialminister im Kabinett. Unter José Luis Rodriguez Zapatero, den er nun als Generalsekretär ablöst, war er als Innenminister, Vizeministerpräsident und Regierungssprecher ein »Superminister«. Mit »Stolz und Verantwortlichkeit« will er nun eine »starke Partei« führen. Es sei nicht das Gleiche, eine Schwächephase zu haben oder schwach zu sein, sagte er nach der Wahl und appellierte an die »Geschlossenheit« der Partei. Er sei der »Generalsekretär aller Sozialisten«. Der »Wandel«, den er fordert, dürfte den Wählern mit seinem Lebenslauf nur schwer zu vermitteln sein.

Viele hatten gehofft, dass die beliebte Chacón diesen Wandel mit einem Linksschwenk einleitet. Denn Zapatero hatte die PSOE mit Rubalcaba weiter nach rechts geführt und die bisher härtesten Einschnitte ins Sozialsystem durchgeführt. Wurden Banken mit Milliarden gestützt, blieben Zehntausende Familien allein, als sie auf die Straße gesetzt wurden, weil sie infolge des Jobverlustes ihre Kredite nicht mehr bezahlen konnten. Gegen ihre Arbeitsmarktreform traten sogar die Gewerkschaften zum Generalstreik an, die der Partei nahe stehen.

Chacón hatte von »eigenen Fehlern« gesprochen und einen »Richtungswechsel« angemahnt. »Wir befinden uns in einer Lage, die Mut, Beharrlichkeit und klare Entscheidungen erfordert«, hatte sie an die Delegierten appelliert, einen »Neuanfang« zu wagen. Doch dem Appell sich »zu erheben«, hat sich eine knappe Mehrheit verweigert. Einflussreichen nationalistischen Parteifürsten, wie Ex-Parlamentspräsident José Bono war eine Frau an der Spitze, die zudem aus Katalonien stammt, ein Dorn im Auge. Mit Bezug auf ihre Herkunft hatten Bono und andere Stimmung gegen Chacón gemacht. Bono sagte, die Partei benötige einen Führer, der »frei von Komplexen und ohne Scham sagen kann: Hoch lebe Spanien«. Bei einer knappen Mehrheit hat das Argument verfangen.

#ndbleibt – Aktiv werden und Aktionspaket bestellen
Egal ob Kneipen, Cafés, Festivals oder andere Versammlungsorte – wir wollen sichtbarer werden und alle erreichen, denen unabhängiger Journalismus mit Haltung wichtig ist. Wir haben ein Aktionspaket mit Stickern, Flyern, Plakaten und Buttons zusammengestellt, mit dem du losziehen kannst um selbst für deine Zeitung aktiv zu werden und sie zu unterstützen.
Zum Aktionspaket

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal