Entschädigung nach 67 Jahren?

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Während des Zweiten Weltkrieges wurde eine heute 76-Jährige von einem Lastwagen der deutschen Wehrmacht angefahren und verletzt. 67 Jahre nach dem Unfall entschied das Sozialgericht Gießen, dass die Frau dafür nicht entschädigt wird und wies die Klage ab.

Begründung: Das Bundesversorgungsgesetz, das unter anderem in Kriegszeiten entstandene Ansprüche regelt, könne nicht auf die Klägerin angewendet werden. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig (Az. S 16 VE 15/09).

Die Frau gab an, Ende August 1944 in Oberschlesien im heutigen Polen angefahren worden zu sein. Sie war als Neunjährige mit dem Fahrrad unterwegs zum Bäcker. 1989 siedelte sie nach Deutschland über. 2008 stellte sie beim zuständigen Versorgungsamt einen Antrag auf Entschädigung. Doch dieser wurde abgelehnt.

Zu Recht, befanden die Sozialrichter. Die Frau habe zum Unfallzeitpunkt keinen Militärdienst ausgeübt und sei auch nicht während der Kampfhandlungen verletzt worden. Dem Gericht zufolge gibt es Ansprüche nach dem Bundesversorgungsgesetz, wenn jemand etwa »durch eine militärische oder militärähnliche Dienstverrichtung«, bei einem Unfall in diesem Zusammenhang oder durch »eine unmittelbare Kriegseinwirkung« wie Kämpfen zu Schaden kommt.

Hinzu komme, dass wegen des großen Zeitabstandes die genauen Umstände des Unfalls nicht mehr aufgeklärt werden können. Die Beweisnot gehe zulasten der Klägerin, da sie den Antrag so spät gestellt habe. Verjährung spielte in dem Verfahren, so der Gerichtssprecher, trotz der verstrichenen Zeit keine Rolle.

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