Schütte-Lanz nicht abgestürzt

Gewerbegebiet in Königs Wusterhausen behält Namen des Rüstungsproduzenten

Frank Rauhut vom Königs Wusterhausener Bündnis gegen Rechts ist schwer enttäuscht. Er hat viele Argumente gesammelt und unermüdlich vorgetragen. Sein Ziel: Der Schütte-Lanz-Gewerbepark im Ortsteil Zeesen sollte umbenannt werden, denn an der »nationalsozialistischen Gesinnung« des Namensgebers Johann Heinrich Schütte könne inzwischen kein Zweifel mehr bestehen.

Doch die Stadtverordneten entschieden am Montagabend anders. Zwar stimmten die Linksfraktion und zwei Bürgerbündnisse im Sinne von Rauhut. Doch SPD, CDU und FDP wollten es bei der bisherigen Bezeichnung des Gewerbegebiets belassen. Der Entschluss fiel denkbar knapp aus. Es gab ein Abstimmungspatt von 16 zu 16 Stimmen. Das reichte nicht für die gewünschte Umbenennung. »Das Ganze ist ein Skandal«, meint Rauhut. Schließlich sei von der Gegenseite nicht ein einziges Argument vorgebracht worden, das den Luftfahrtpionier Schütte entlastet hätte. Die Faktenlage habe sich sogar noch »verdichtet«, sagte Rauhut gestern. Er könne seitenweise Zitate vorweisen. Professor Schütte habe Hitler gehuldigt und noch kurz vor seinem Tod den Einmarsch der faschistischen Wehrmacht in Polen begrüßt. Es gebe keinerlei Hinweise dafür, dass er unter Zwang oder Druck gehandelt habe.

»Er ist kein Vorbild, aber er gehört zur Stadtgeschichte«, hatte Bürgermeister Lutz Franzke (SPD) am Montagabend in der Stadtverordnetenversammlung gesagt und die Debatte mit dem Hinweis abgekürzt, es gebe noch andere wichtige Probleme in der Stadt. Nach Einschätzung von Rauhut haben die Sozialdemokraten »überhaupt nicht begriffen, dass es in der Abstimmung um unsere demokratischen Grundwerte geht«. Klein beigeben will das Bündnis gegen Rechts nicht. »Dass wir uns damit abfinden, daraus wird nichts. Selbstverständlich wird es weitergehen«, kündigte Rauhut an. »Ich weiß nur noch nicht wie.« Überlegt hat sich der Chirurg schon, einen Brief an die Jusos zu schreiben und sie mit Fakten und Argumenten auf seine Seite zu ziehen.

Der Regionalhistoriker Fred Bruder hat vorgeschlagen, am 24. Februar 2013 »etwas an der Gewerbeparkstele zu unternehmen, denn da ist der 140. Geburtstag Johann Schüttes«. Möglich wäre eine Lesung.

Neben dem Grafen Zeppelin waren der Schiffbauingenieur Schütte und der Landmaschinenhersteller Carl Lanz im Ersten Weltkrieg die zweitgrößten Luftschiffproduzenten. Sie hatten zwei Werften, eine davon in Zeesen. Die Luftschiffe wurden für die Bombardierung Londons eingesetzt. Darum wird Johann Heinrich Schütte zuweilen auch als Kriegsverbrecher bezeichnet.

Während Zeppelin bis Kriegsbeginn nur zivile Luftschiffe hergestellt habe, müsse die erste Schütte-Lanz-Werft als »militärische Versuchsanstalt« bewertet werden, erzählt Frank Rauhut. Der Arzt sammelt weiter Material. So lässt er sich von der Deutschen Bibliothek in Leipzig die Kopie einer von Bertha von Suttner verfassten Broschüre kommen. In dieser Broschüre schrieb die berühmte Pazifistin zu Beginn des vorigen Jahrhunderts speziell gegen den Luftkrieg.

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