Mehr Soldaten und mehr Geld nach Somalia

Auch private Sicherheitsfirmen sollen offenbar zur »Stabilität« am Horn von Afrika beitragen

  • Marc Engelhardt, Genf
  • Lesedauer: 3 Min.
Die Somalia-Konferenz in London beschloss Rückendeckung für den Versuch einer militärischen Stabilisierung Somalias. Mit Soforthilfen will man außerdem die Herzen der Bevölkerung gewinnen.

Mehr Soldaten und millionenschwere Soforthilfen sollen die Stabilität im zerrütteten Somalia wiederherstellen. Darauf einigten sich Minister und Regierungschefs aus mehr als 40 Staaten am Donnerstag bei einer Konferenz in London, zu der Britanniens Premier David Cameron eingeladen hatte. »Somalias Probleme gehen uns alle an«, sagte Cameron in seiner Rede. »Wir werden bei den Vereinten Nationen dafür werben, Sanktionen gegen alle zu beschließen, die den Fortschritt in Somalia verhindern«, verkündete US-Außenministerin Hillary Clinton. Die Schlusserklärung der Konferenz spricht von einem historischen Moment in der Geschichte Somalias, der ergriffen werden müsse.

Im Mittelpunkt steht das militärische Vorgehen gegen die radikal-islamische Schabab, die weite Teile Somalias kontrolliert. Schon am Vorabend hatte der UN-Sicherheitsrat beschlossen, die Friedenstruppe unter Mandat der Afrikanischen Union (AMISOM) um 5000 auf mehr als 17 700 Mann zu vergrößern. Das heißt vor allem, dass die bereits im Südwesten Somalias kämpfenden kenianischen Soldaten unter AMISOM-Mandat gestellt werden, wodurch ihr Einmarsch völkerrechtlich legitimiert wird. Äthiopien, das Truppen in Ostsomalia stationiert hat, will der Friedenstruppe nicht beitreten.

Somalia soll zudem beim Aufbau eigener Sicherheitskräfte unterstützt werden. Ob das nur die Ausbildung abdeckt, woran sich auch die Bundeswehr bereits beteiligt, ist unklar. Das Waffenembargo gilt jedenfalls - trotz Protesten der somalischen Übergangsregierung - weiterhin, und auch die Forderung nach Luftangriffen auf Schabab-Stellungen wies die Konferenz zurück.

Dagegen soll die Piraterie künftig zu Wasser und zu Land bekämpft werden. Die Schlusserklärung lobt das Vorgehen der Schifffahrtsindustrie gegen die Piraterie, wozu der Einsatz privater Sicherheitsfirmen gehört. Die könnten auch zur Schaffung der gewünschten »Stabilität auf lokaler Ebene« eingesetzt werden. Angeblich sollen diverse Sicherheitsfirmen bereits Interesse bekundet haben. Finanziert werden könnten sie aus dem neuen Sonderfonds. Daraus soll befreiten Gebieten eine schnelle Friedensdividende zufließen. Unter anderem sollen mit den zugesagten zweistelligen Millionenbeträgen Schulen und Krankenhäuser, Polizeistationen und Gerichte gebaut und eben »Stabilität geschaffen« werden. Herzen und Hirne gewinnen, heißt diese Strategie im Militärjargon. Man möchte verhindern, dass die »Befreiten« sich - etwa wegen latenter Unsicherheit oder Armut - nach der Schabab zurücksehnen.

Die Schabab selber saß in London nicht mit am Tisch. Und Hillary Clinton machte ebenso wie das Kommuniqué klar, dass es keine Verhandlungen mit den Islamisten geben werde. Gespräche, die vor allem arabische Staaten wie Katar gefordert hatten, sollen aber möglich sein.

Wer Somalia in die Stabilität führen soll, blieb unklar. Das Ende August auslaufende Mandat der umstrittenen Übergangsregierung, der ebenso wie der Schabab schwere Menschenrechtsverletzungen vorgeworfen werden, soll jedenfalls nicht verlängert werden. Weiteres soll der nächste Somalia-Gipfel im Juni in Istanbul entscheiden.

Die Konferenz in London sei »nichts weiter als eine Veranstaltung zur weiteren Finanzierung der Gewalt in Somalia« gewesen, kritisierte der linke Bundestagsabgeordnete Jan van Aken deren Ergebnisse.

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