nd-aktuell.de / 25.02.2012 / Wirtschaft und Umwelt / Seite 9

China setzt bei Euro-Hilfe voll auf den IWF

Vor G20-Treffen in Mexiko: Führung in Peking will internationale Finanzfeuerwehr aufstocken

Andreas Landwehr (dpa), Peking
China will Europa helfen - über den IWF. Vor dem G20-Treffen am Wochenende in Mexiko sind sich die großen Wirtschaftsmächte aber uneins, wie die Schlagkraft der globalen Finanzfeuerwehr vergrößert werden kann.

China will seine Hilfe für den Euro vor allem durch den Internationalen Währungsfonds (IWF) schleusen. Vor den Beratungen der Finanzminister der 20 führenden Industrie- und Schwellenländer (G20) in Mexiko machte China deutlich, dass es nicht allein als »weißer Ritter« auftreten will. Wenn sich die Europäer Hoffnungen auf Milliarden aus den weltgrößten Devisenreserven des finanzstarken Chinas machen können, dann nur im Rahmen einer gemeinsamen, globalen Antwort auf die europäische Schuldenkrise.

»China besteht darauf, dass die Mehrheit der Ressourcen, die es zur Verfügung stellen könnte, durch den Währungsfonds fließen muss«, sagte Murtaza Syed, der IWF-Repräsentant in Peking. Auch wolle Peking nur gemeinsam mit anderen Ländern helfen. Hatte Kanzlerin Angela Merkel Anfang des Monats bei ihren Gesprächen mit Regierungschef Wen Jiabao in Peking noch den Eindruck gewonnen, China könne dem Euro-Rettungsschirm vielleicht auch direkt Milliardenhilfe leisten, will sich Peking jetzt offenbar doch lieber des IWF bedienen.

Vor dem G20-Treffen herrscht heftiges Tauziehen. »Hinter den Kulissen geht eine Menge vor«, sagte IWF-Vertreter Syed. Den Chinesen sei bewusst, dass »ein großer Schock« durch eine schwere Rezession seines größten Handelspartners auch Chinas Wirtschaft in die Tiefe ziehen würde. »Deswegen wollen sie dieses Szenario vermeiden.« Der Währungsfonds warnt, eine schwere Krise in Europa könnte das chinesische Wachstum von voraussichtlich acht Prozent in diesem Jahr halbieren - wenn Peking keine Gegenmaßnahmen ergreift.

Die chinesische Hilfe für Europa ist keineswegs uneigennützig, wie Premier Wen Jiabao auch seinem Volk bereits erklärte. Wegen der starken gegenseitigen Abhängigkeiten hat China großes Interesse an der Stabilität der Eurozone. Milliardenhilfen für die wohlhabenden, aber klammen Europäer sind ein heikles Thema für das Milliardenvolk, in dem einige hundert Millionen sich mühen, um über die Runden zu kommen.

Die G20 sind noch zerstritten, wie die Schlagkraft des Währungsfonds im Kampf gegen die Finanzkrise erhöht werden kann. Mitte Januar hatte der IWF eine Erhöhung seiner Mittel um bis zu 600 Milliarden US-Dollar angemahnt, um notfalls in Europa und anderswo die Finanzfeuerwehr spielen zu können. Die schuldengeplagten Amerikaner wollen ihren Beitrag nicht weiter aufstocken, sehen die Europäer selbst am Zuge. »Wenn die IWF-Mittel aufgestockt werden, könnte offensichtlich ein großer Teil der Finanzen aus China kommen, weil es so viele Reserven hat«, sagte Syed.

Was der IWF-Vertreter jedoch nicht sagt: Peking verlangt mit einer größeren Beteiligung auch mehr Mitsprache. Die Führung wünscht sich auch mehr Entgegenkommen der Europäer - allen voran die Gewährung des Marktwirtschaftsstatus, der Schutz vor Handelsklagen etwa in der Stahlindustrie böte.

Lexikon

Der Internationale Währungsfonds (IWF) ist eine Sonderorganisation der UNO mit Sitz in Washington. Ursprünglich zum Managen des Systems fester Wechselkurse gegründet, hat er sich zu einer Art Finanzfeuerwehr entwickelt, die an Staaten bei Zahlungskrisen Kredite gegen harte Auflagen vergibt. Die Stimmrechte der aktuell 187 Mitgliedstaaten bemisst sich nach der Höhe ihres Kapitals. nd