Leere auf der Ersatzbank

Im schleswig-holsteinischen Wahlkampf ist die Bildungspolitik von besonderem Gewicht

  • Dieter Hanisch, Kiel
  • Lesedauer: 3 Min.
Am 6. Mai wird in Schleswig-Holstein ein neuer Landtag gewählt. Ein zentrales Thema im Wahlkampf ist die Bildungspolitik.

Die Opposition im Kieler Landtag hat der CDU/FDP-Regierung in Schleswig-Holstein ein desaströses Zeugnis zur Bildungspolitik ausgestellt. Das Thema, das in dieser Woche die Abgeordneten beschäftigte, hat laut jüngster infratest-Meinungsumfrage das meiste Gewicht im laufenden Wahlkampf.

Uli Schippels von der LINKEN verweist auf statistische Zahlen, nach denen beim Bildungsmonitor des Instituts für Wirtschaft das nördlichste Bundesland deutschlandweit an vorletzter Stelle steht. Er nennt deshalb das Bildungsressort unter der Regie von Ekkehard Klug (FDP) ein »Bildungsabbauministerium«. Anke Erdmann, Bildungsexpertin von den Grünen, bringt das Chaos im Bildungsbereich, welches Eltern, Schüler und Lehrer erzürnt, folgendermaßen auf den Punkt: »Im vergangenen August streicht der Minister Lehrerstellen und im Februar wundert er sich dann, dass nicht genügend Fachlehrer da sind.«

Im November hatte ein FDP-Landesparteitag den Erhalt von 300 Lehrerstellen im Schulsystem beschlossen, die eigentlich 2012 wegfallen sollten. Das löste in den Folgemonaten sogar eine Regierungskrise aus.

Im Gefolge gab es zwar keinen Nachtragshaushalt und keinen neuen Stellenplan, allerdings eine finanzielle Verstärkung des sogenannten Vertretungsfonds um zwölf Millionen Euro. Der Südschleswigsche Wählerverband warnt in diesem Zusammenhang davor, Referendare, Nachwuchslehrer und Studierende ohne Festanstellung und Karriereaussichten zu einer neuen Form von Leiharbeitern zu machen.

Während aus dem Ministerium in Sachen Unterrichtsausfall beschwichtigende Töne kommen, schlägt die LINKE Alarm. Sie hat alle Schulvertretungen im Lande aufgefordert, den tatsächlichen Ausfall zu erfassen. Werden etwa zwei Klassen von einer Lehrkraft beaufsichtigt oder wird Stillarbeit aufgetragen, taucht die Fehlzeit in den Statistiken bislang nicht auf. Die Landesschülervertretung der Gymnasien arbeitet bereits daran, den Missstand in Form einer Schuldenuhr darzustellen.

Björn Thoroe von der Linkspartei stellte die gerade mal auf Kante genähte Stellenplanung grundsätzlich in Frage. Alle Parteien würden scheinheilig eine Bildungsoffensive einfordern, auf der anderen Seite aber nicht die Ressourcen dafür bereitstellen. Er verglich die Situation mit der deutschen Fußballnationalmannschaft vor der diesjährigen EM. Niemand solle glauben, dass der angepeilte EM-Titel ohne Spieler auf der Ersatzbank zu erreichen sei.

Das Sinken der Schülerzahlen möchte die LINKE für Klassenverkleinerungen nutzen. Die CDU/FDP-Koalition machte jedoch mehrfach klar, dass sie weiterhin für die Einsparung von über 3600 Lehrerstellen bis 2020 steht.

SPD-Oppositionsführer Ralf Stegner ernannte im Landtagsplenum Pinocchio zum Schutzpatron der CDU, woraufhin FDP-Sozialminister Heiner Garg den SPD-Fraktionschef als »größten Lügner aller Zeiten« bezeichnete. Der FDP-Landeschef erklärte anschließend, die Aussage lediglich zu seinem Nachbarn gemacht zu haben.

Stegner wunderte sich, dass zu Beginn der Debatte kein Unions-Minister auf der Regierungsbank zu sehen war, und begrüßte den später eintreffenden CDU-Ministerpräsidenten Peter Harry Carstensen dann mit einem flotten »Ausgeschlafen und aufgewacht«. Das wollte die CDU nicht auf sich sitzen lassen und verwies darauf, dass Stegner am Mittwoch die Plenarsitzung zum Thema Landesfinanzen vorzeitig verließ, um einen Parteitermin in Sachsen-Anhalt wahrzunehmen.

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