nd-aktuell.de / 22.03.2012 / Politik / Seite 13

Ostermarsch gegen Starkstromtrasse

380-kV-Leitung soll Thüringer Wald durchziehen

Hans-Gerd Öfinger
Die Gegner der Starkstromtrasse durch den Thüringer Wald haben mit ihrer Klage zunächst für einen Baustopp im Ilm-Kreis gesorgt. Sie plädieren für die Ertüchtigung des engmaschigen deutschen Stromnetzes.

Der jahrelange Widerstand gegen den Bau einer 380 Kilovolt-Hochspannungsleitung quer durch den Thüringer Wald geht auch in diesem Frühjahr weiter. Wie Petra Enders, ehrenamtliche Bürgermeisterin der Stadt Großbreitenbach und Landtagsabgeordnete der LINKEN, am Mittwoch auf nd-Anfrage mitteilte, rufen die regionalen Bürgerinitiativen für Ostermontag zu einer Protestdemonstration gegen das Megaprojekt im Thüringer Wald auf.

Schon im letzten Jahr hatten über 500 Menschen an einem ähnlichen Ostermarsch in Schalkau (Landkreis Sonneberg) teilgenommen. Petra Enders gilt als Motor und Großbreitenbach unweit des berühmten Wanderwegs Rennsteig als Vernetzungs-Zen-trum der örtlichen Initiativen. Hoffnung schöpft Enders derzeit aus der Tatsache, dass der Bau der 380 kV-Leitung durch den Ilm-Kreis zwischen den Gemeinden Vieselbach und Altenfeld nach wie vor nicht in Angriff genommen werden darf.

Die ist eine Folge des laufenden Verfahrens zur Sache beim Bundesverwaltungsgericht. Dort hatten die Stadt Großbreitenbach und einige von der Trasse direkt betroffene Privatkläger Anfang März Klage eingereicht und einen Eilantrag auf aufschiebende Wirkung gestellt. Bis zum Abschluss des Verfahrens habe der Freistaat Thüringen »vorläufig sicherzustellen, dass mit Bau- und sonstigen Maßnahmen, die dem Antrag zuwiderlaufen, noch nicht begonnen wird«, stellte das Gericht nun in der vergangenen Woche fest. Diese Entscheidung sein ein »ermutigendes Zeichen, über den Rechtsweg diese Leitung durch Thüringen über den Rennsteig nach Bayern verhindern zu können«, freut sich Enders.

Hinter dem Projekt einer 380-kV-Leitung von der Ostseeküste über Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg, Sachsen-Anhalt, Thüringen und Nordbayern bis zum Atomkraftwerk Grafenrheinfeld bei Schweinfurt am Main (Bayern) stehen die Energiekonzerne Vattenfall und E.on. In Thüringen stützen sie sich auf die Thüringer CDU/SPD-Landesregierung.

Die Gegner der Stromtrasse befürchten, dass die riesigen Strommasten und breiten Schneisen eine nicht wieder gutzumachende Verschandelung der bewaldeten Mittelgebirgslandschaft und weit reichende ökologische Folgeschäden bedeuten - und dass die Magnetfelder das Krebsrisiko der Anwohner deutlich steigern könnten. Zudem halten sie den geplanten Neubau für überflüssig. Ihnen schwebt als Alternative eine Modernisierung und Ertüchtigung der Kapazitäten des engmaschigen deutschen Stromnetzes vor.

»Für die Durchleitung von Windstrom von Nord nach Süd reichen die vorhandenen 37 000 Kilometer Höchstspannungsleitung in Deutschland aus«, so Enders. Übertragungskapazitäten könnten auch mit Hochtemperaturseilen und Freileitungsmonitoring optimiert werden.

Enders plädiert für eine Energiewende mit dezentralen Anlagen für Kraft-Wärme-Kopplung, Photovoltaik und Solarthermie, sowie mit Blockheizkraftwerken, Biogasanlagen und der Nutzung von Abwärme. Immer neue 380 kV-Trassen hingegen »festigen einseitig die für Vattenfall und die anderen Stromkonzerne notwendigen Monopolstrukturen und fördern nur deren Profitmaximierung«, sagt die Bürgermeisterin.