Zombieperiode in Friedenszeiten

Die Fantasy Filmfest Nights präsentieren den ersten Horrorfilm aus Kuba

  • Tobias Riegel
  • Lesedauer: 3 Min.

Auf Kuba sind die »Dissidenten« los. Sie sind laut Staatsfernsehen undiszipliniert, asozial, blutrünstig, gesteuert von den USA und sie stiften mit ihren Massakern langsam aber sicher Unruhe auf der sozialistischen Karibikinsel. Nur leider liegen die linientreuen Berichterstatter falsch - denn statt feindlicher Agenten bricht sich in der Zombie-Persiflage »Juan of the Dead« eine unaufhaltsame Epidemie von sabbernden, menschenfressenden und mordenden Untoten Bahn. Dieser erste kubanische Independent-Horrorfilm überhaupt wird am Sonntag (21.30 Uhr) als Abschlussfilm der diesjährigen Fantasy Filmfest Nights (24.+25. März, Cinestar Sony Center) gezeigt.

Die chaotische Mord- und Totschlagswelle kann auch Protagonist Juan nicht aufhalten - will er auch nicht, denn er ist ein fauler Sack mit so gar keinen Ambitionen zum Heldentum. Dennoch bricht er die Flucht nach Miami ab - verspricht die Ausnahmesituation findigen Geschäftemachern doch ein großes Business. Fortan lässt er sich und seine Chaotentruppe von Familien anheuern, die ihre vom Zombie-Virus infizierten Liebsten aus dem Weg geräumt haben wollen.

Freilich, der Streifen von Alejandro Brugués ist zu allererst ein Fan-Film, der sämtlichen Beschränkungen des Horror-Genres unterliegt, diese auch gar nicht erst versucht zu überwinden. Dennoch ist er nicht nur komisch, platt und blutig, sondern politisch herrlich unkorrekt und handwerklich auf hohem Niveau. Der Karibik-Sozialismus mit seinen Propagandisten, den Reisebeschränkungen und anderen vor allem für die Jugend schwer nachvollziehbaren Unzulänglichkeiten wird hier natürlich unter komödiantischen Dauerbeschuss genommen. Doch geschieht dies nicht feindlich, sondern stets augenzwinkernd und sympathisierend - und in der steten Gewissheit, dass es wahrscheinlich unterm Strich bei Fidel immer noch besser ist als am großen Sehnsuchtsziel Amerika, das ebenfalls nicht gut wegkommt.

Der kurzweilige Splatter-Spaß ist zudem gespickt mit liebevollen Anspielungen auf die karibische Vielgötterei oder das permanente Flirten mit der Flucht, das allerdings auch ernsthaft thematisiert wird: In fast jeder Familie fehlt ein Mitglied. Dass es diesem aber in Miami oder Kalifornien besser geht, ist alles andere als ausgemacht. Nicht ausgelassen wird auch die »Sonderperiode in Friedenszeiten«, wie die Hungerjahre Anfang der 90er Jahre in Kuba offiziell genannt werden. Angesichts des Zombie-Kannibalismus stöhnt Juan: »Wir haben in der Sonderperiode ja auch alles mögliche gegessen. Aber Menschen...«.

Insgesamt werden bei den Fantasy Filmfest Nights zehn nervenaufreibende bis blutrünstige Filme frisch aus den Studios gezeigt. Zu empfehlen ist etwa »Livid«. Die französische Produktion unter der Regie von Julien Maury und Alexandre Bustillo bietet neben einer tollen Kamera und einer akzeptablen Hauptdarstellerin angenehm altmodischen, aber dennoch ziemlich beunruhigenden Grusel, der sich nach und nach immer weiter zuspitzt. Eröffnet wird das Kurzfestival mit dem Kleinstadt-Horror in der »Rosewood Lane«.

24.+25. März, Cinestar Sony Center, www.fantasyfilmfest.com

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