Ziemlich fiese Freunde

Kommentar von Roland Etzel

  • Lesedauer: 2 Min.

Hochrangige »Freunde Syriens« haben von Istanbul aus ihre Besorgnis geäußert. Das ist sehr verständlich und wäre uneingeschränkt zu begrüßen angesichts eines latenten Bürgerkrieges in Syrien und eines besonders für die einfachen Leute allmählich schmerzhaften Wirtschaftsembargos. Allerdings ist zumindest Letzteres hauptsächlich das Werk eben jener »Freunde«. Und sie ließen nun sogar verlauten, dass sie den Schraubstock, mit dem sie vorgeblich das »Assad-Regime« zerquetschen wollen, in dem aber vor allem der syrische Ahmed Normalbürger klemmt, noch fester ziehen wollen.

Selbst viele Syrer, die weit entfernt vom Freundes- oder Begünstigtenkreis Assads sind, werden dies mit gemischten Gefühlen vernommen haben; und sicher noch mehr die Botschaft, dass der gastgebende türkische Außenminister mit Macht darauf drängt, endlich mit offenen Karten spielen zu dürfen und die syrische Opposition freimütig mit allem zu unterstützen, was ein Krieg so braucht. Ein klares Nein der anderen anwesenden NATO-Minister soll es nicht gegeben haben. Vom deutschen Amtskollegen Westerwelle ein halblautes »Ja, aber ...« - das wird der Türke verschmerzen können, zumal davon auszugehen ist, dass es im Ernstfall praktisch folgenlos bleibt.

Momentan ist es vor allem dem hohen persönlichen Ansehen des UN-Diplomaten Annan zu verdanken, dass seine Vermittlung Erfolg haben kann. Noch. Verlässliche Partner dafür zeichnen sich allerdings weder hier noch da ab. Da ist die syrische Führung, die glaubt, bereits über den Berg zu sein und so einen weiteren Beweis erbringt für ihre begrenzte Fähigkeit, Realität wahrzunehmen und in entsprechende Politik umzusetzen. Da sind andererseits die Wortführer der syrischen Exilopposition, deren Agieren ebenso wenig Zutrauen bei den Daheimgebliebenen verbreiten kann. Auf mehr als »Assad muss weg!« konnte sie sich bei der Suche nach einem politischen Minimalkonsens nicht verständigen. Um so einiger ist sie sich gegen den Annan-Dialogplan. Ja, man beklagt zu Recht die vielen Opfer. Und doch ruft man lieber zum bewaffneten Kampf auf. Aus dem sicheren Istanbul und Paris. »Auf fremdem Arsch ist gut durchs Feuer reiten«, konstatierte Martin Luther einst bei solcher Gelegenheit. Die »Freunde Syriens«? Ziemlich fiese Freunde.

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