Affäre Lüdtke holt LINKE ein

Debatte um Ex-Stadtrat bestimmte Hauptversammlung der Partei in Marzahn-Hellersdorf

  • Klaus Teßmann
  • Lesedauer: 3 Min.

Zwei große Themen beschäftigte die Hauptversammlung der LINKEN am vergangenen Sonnabend in Marzahn-Hellersdorf. Die positive Nachricht: Petra Pau wird sich wieder um das Direktmandat für die kommende Bundestagswahl im Bezirk Marzahn-Hellersdorf bewerben. Die schlechte: Die Partei hat es nicht geschafft, einen Schlussstrich unter die Debatte um den ehemaligen Stadtrat Norbert Lüdtke zu ziehen.

Petra Pau hatte die Delegierten der Hauptversammlung dazu aufgerufen, endlich die parteiinternen Debatten zu beenden. »Wir müssen uns wieder mit Fragen beschäftigen, die auch die Bürger interessieren.« Die Vizepräsidentin des Bundestages sucht nach einem neuen Aufbruch, damit die LINKE wieder zu einer wählbaren Partei wird, vor allem für die Jugend. »Ich möchte in Marzahn-Hellersdorf um das Direktmandat kämpfen«, erklärte Pau und räumte gleichzeitig ein, »es wird schwieriger als 2009«, weil es im Bezirk »keine Wählerstruktur« mehr gibt.

Doch das von Petra Pau geforderte Ende der internen Streitigkeiten konnte auch diese Hauptversammlung nicht erreichen. Seit Monaten gibt es in Marzahn-Hellersdorf die Forderung an der Basis, den ehemaligen Stadtrat der Linkspartei Norbert Lüdtke zu rehabilitieren. Er war vor einem Jahr von der Bezirksverordnetenversammlung mit den Stimmen der LINKEN abgewählt worden, weil er versucht haben soll, ein Gespräch mit anderen Politikern in seinem Arbeitszimmer mitzuschneiden. Die Debatte wird vor allem in Marzahn-Nord geführt. Sie bekam nun neuen Zündstoff, nachdem die Staatsanwaltschaft das Ermittlungsverfahren gegen Norbert Lüdtke eingestellt hat mit der Begründung, dass ein Anfangsverdacht nicht nachgewiesen werden könne.

Zwei Namen tauchen in dieser Diskussion immer wieder auf - Reiner Nürnberg und Fritz Gläser. In Basisgruppen und mit Rundschreiben an Medien und andere Parteien hatten sie gefordert, den ehemaligen Stadtrat zu rehabilitieren und den damaligen Entschluss als falsche Reaktion auf die Vorwürfe darzustellen. Bezirksvorsitzender Norbert Seichter erklärte am Sonnabend, »die Partei hatte damals politisch und moralisch zu entscheiden«. Er wies jeden Gedanken zurück, dass sich die LINKE damit »zu einem Erfüllungsgehilfen der CDU und der SPD« gemacht habe.

Der Fraktionsvorsitzende Klaus-Jürgen Dahler findet es richtig, »dass wir kritisch und vor allem selbstkritisch darüber reden, ob wir in allen Fragen richtig entschieden haben«. Auch er habe erfreut zur Kenntnis genommen, dass es kein Verfahren geben wird. »Wir mussten politisch reagieren. Norbert Lüdtke selbst hat damals darauf verwiesen, dass seine politische Karriere zu Ende sei«, erklärte Dahler. Gleichzeitig betonte er aber auch, dass die LINKE immer auf die Verdienste von Lüdtke für die Entwicklung im Bezirk verwiesen habe.

Fritz Gläser hält nach wie vor die Entscheidung vom April 2011 für falsch. Für ihn ist der Vorfall nicht beendet. Er hält eine Entschuldigung bei Norbert Lüdtke für angemessen. Nach einer mehr als zweistündigen Debatte machte Heiner Niemann einen Kompromissvorschlag, eine Art Schiedskommission zu berufen, die sich unabhängig von den Leitungsgremien der Partei noch einmal mit dem Vorgang beschäftigt. Doch sowohl dieser Kompromiss als auch der Antrag zur Rehabilitierung von Norbert Lüdtke wurden abgelehnt.

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