nd-aktuell.de / 19.04.2012 / Politik / Seite 13

Ein verkorkstes Inserat

Fehler in der Stellenausschreibung: OB-Wahl in Halle (Saale) muss verschoben werden

Hendrik Lasch, Halle
Wegen einer Verwaltungspanne findet die Oberbürgermeisterwahl in Halle nicht am 17. Juni statt. Nun wird wohl erst am 1. Juli gewählt.

Der Beginn des Inserats klingt, als sei es mit stolzgeschwellter Brust aufgesetzt worden: »Mir ihrer 1200-jährigen Geschichte und ca. 230 000 Einwohnern« sei Halle »eine der ältesten Städte« und die größte Kommune in Sachsen-Anhalt. Alter indes, sagt das Sprichwort, schützt vor Torheit nicht. Eine solche ist den Verfassern der »Stellenausschreibung Direktwahl Oberbürgermeister/in der Stadt Halle (Saale)«, die am Montag im Amtsblatt veröffentlicht wurde, jedoch unterlaufen - mit einer peinlichen Konsequenz: Die bisher für den 17. Juni angesetzte Wahl eines neuen Stadtoberhaupts muss verschoben werden. Als möglicher Termin gilt jetzt der 1. Juli; eine eventuell nötige Stichwahl könnte am 15. Juli stattfinden, kurz bevor ein Gutteil der Wählerschaft in die Sommerferien abreist.

Der Fehler in dem halbseitigen Text ist nicht leicht aufzuspüren; er versteckt sich in einem Verweis auf die Gemeindeordnung. Sinngemäß ist der Passus so zu verstehen, dass Beamte der Stadt oder von Zweckverbänden nicht wählbar seien. Eine solche Regelung ist nicht zulässig und hätte womöglich Anfechtungen der Wahl nach sich ziehen können. Von der Klausel wäre mit dem jetzigen Innendezernenten Bernd Wiegand mindestens einer der bekannten Bewerber betroffen gewesen.

Amt und Mandat trennen

Das Rathaus ruderte nach Bekanntwerden der Bedenken eiligst zurück und publizierte eine Klarstellungen per Anzeige und Pressemitteilung. »Im Falle einer Wahl«, hieß es nun, müssten sich die betreffenden Personen »zwischen Amt und Mandat entscheiden, da sie nicht gleichzeitig Mandatsträger und Oberbürgermeister sein können«. Das ist eigentlich eine Selbstverständlichkeit. Auch die jetzige SPD-Rathauschefin Dagmar Szabados hatte den Posten als Beigeordnete für Soziales nach ihrer Wahl zur OB abgegeben. Warum der Passus aufgenommen wurde und ob er auf konkrete Kandidaten gemünzt war - dazu gibt es in Halle nur Gerüchte. Fakt ist, dass die hastige Korrektur die Scharte nicht auswetzte. Die Wahl müsse verschoben werden, sagte der Landeswahlleiter und Innen-Staatssekretär Ulf Gundlach. Anderenfalls könne das Ministerium als oberste Kommunalaufsicht gezwungen sein, eine Verschiebung anzuordnen. Korrekturen änderten nichts daran, dass der Text »in der amtlichen Bekanntmachung schlichtweg falsch« gewesen sei.

In Halles Verwaltung, wo man zunächst von einer Verschiebung nichts hatte wissen wollen, muss nun in den sauren Apfel gebissen werden: Der Stadtrat soll am kommenden Mittwoch eine Dringlichkeitsvorlage verabschieden - dann für die korrekte Ausschreibung der Stelle. Diese könnte im nächsten Amtsblatt veröffentlicht werden, das am 30. April erscheint. Laut Gesetz muss die Bekanntmachung spätestens zwei Monate vor der Wahl veröffentlicht werden. Der nächstmögliche Wahlsonntag ist dann der 1. Juli.

Der Stadtrat hatte auch bereits den ersten, verkorksten Inseratstext beschlossen - allerdings nicht bis in jedes Detail geprüft. »So etwas sind Routinebeschlüsse«, sagt Swen Knöchel, Chef der LINKEN im Kommunalparlament. Die ehrenamtlichen Stadträte verließen sich üblicherweise auf die Arbeit des »hoch bezahlten Rechtsamts«.

Bürger schütteln Köpfe

Dass dort geschludert wurde, muss nun auch Knöchel ausbaden: Er bewirbt sich für die LINKE um den Spitzenposten im Rathaus. Die Panne hält er nicht zuletzt deshalb für äußerst ärgerlich, weil »die Bürger mit Kopfschütteln reagieren« und ihr Vertrauen beschädigt werde. Den um zwei Wochen verlängerten Wahlkampf sieht Knöchel, der derzeit noch im Landtag sitzt, nicht als Belastung an: »Das ist eine Gelegenheit zu noch mehr Kommunikation«, sagt er nüchtern. Vielleicht, merkt er an, werde durch die Posse um die Stellenausschreibung aber noch deutlicher, warum es gut ist, dass in der Stadt eine OB-Wahl ins Haus steht: »Das zeigt, wie dringend notwendig es ist, dass mehr Sachverstand in das Rathaus einzieht.«