nd-aktuell.de / 26.04.2012 / Kultur / Seite 13

So farbig schwarz und weiß

Roland Dressel 80

Hans-Dieter Schütt
So farbig schwarz und weiß

Der gute Regisseur, so heißt es, geht auf in seiner Inszenierung. Der gute Kameramann auch - er scheint sich sogar aufzulösen darin: Denn wer nennt und kennt, wenn die Qualität eines Films zu Lobe steht, seinen Namen?

Roland Dressel hat mit seiner künstlerischen Arbeit hinter der Kamera DEFA-Filmgeschichte geschrieben: »Zünd an, es kommt die Feuerwehr«, »Das Luftschiff«, »Wengler & Söhne«, »Die Frau und der Fremde«, »Das Haus am Fluss«, »Fallada - letztes Kapitel«, »Jadup und Boel«; Zusammenwirken vor allem mit den Regisseuren Rainer Simon und Roland Gräf.

Am liebsten drehte er in Schwarzweiß: reizvoller Zwang zur Konzentration, das Erlebnis bestand in der Schönheit des Wesentlichen. Nachdem er mit Siegfried Kühn »Das zweite Leben des Friedrich Wilhelm Georg Platow« erarbeitet hatte, 1973, war seine ästhetische Experimentierlust von offizieller Kulturpolitik zur Gefahr erklärt worden. Sendepause. Quasi Abschiebung ins Fernsehen - wo er für die Mehrteiler »Zement« und »Die unheilige Sophia« an der Kamera stand, Regie: Manfred Wekwerth, der sich für Dressel stark machte; »Bewährung« steigerte sich zu neuerlicher - Kunst.

Der hagere Weißhaarige - ein Mann ohne Allüren, trotz erlittener Querelen ein Leben wohl ohne Arg. Da fand einer - Assistent bei Werner Bergmann, dem Kameramann Konrad Wolfs - zur Meisterschaft, weil ihn sein Charakter vor Ungeduld schützte (jener Erbsünde aller Kunst). Dressel ließ sich durch schmerzliche politische Erfahrungen nicht zu Lieblosigkeit und Härte verleiten; es kann von Nutzen sein, eine gewisse Zeit Dummheit und Ignoranz ertragen zu müssen »die Starren und starr Gebliebenen müssen nun in der Freiheit mit sich selber auskommen, das ist Strafe genug«. Über den Moment, da er 1994 den Bundesfilmpreis erhielt (für »Abschied von Agnes«), sagte er in einem »nd«-Interview: »Ich habe dabei an jene gedacht, die in vielen Jahren in Babelsberg neben und mit mir gearbeitet haben.«

Von seiner Kindheit blieb ihm besonders jene Szene unmittelbar nach Kriegsende haften, da ein ganz Strammer und Bissiger von Hitlers »Jungvolk« plötzlich die alten Uniformen verbrannte. Mit einer Leidenschaft und Entschiedenheit, als hätte er schon immer auf diesen dankbaren Moment gewartet. Der Junge Roland Dressel sieht den Mann und das Feuer. Ein Augenblick veränderter Welt. »Ein Zeichen dafür, dass nichts endgültig ist, aber der Augenblick blieb mir auch ein unbehaglich stimmendes Symbol dafür, wie sich Menschen verhalten, wenn die Mächte wechseln.«

Filme, die versuchen, im Wandel der Zeiten das Alte zu erzählen: Geschichten darüber, wie man einen Platz im Leben findet - das ist das Arbeitsfeld, wie Dressel sagt, »an der langen Strecke zwischen Realität und Utopie«. Heute wird dieser bedeutende Kameramann des deutschen Kinos 80 Jahre alt.