Werbung

Plastikbunte Ironie

Sarah Liebigt zur Werbung für Rücksicht im Verkehr

  • Lesedauer: 1 Min.

Der heilige Christophorus höchstpersönlich hat extra für die Werbekampagne einen Imagewandel durchlaufen. Erst stolpert er im Leinenhemd und mit Vollbart durch die Straßen, in den Händen ein zerknicktes Pappschild mit den Worten »Nehmt mehr Rücksicht!«. Nach seiner Beratung durch eine Marketingagentur hält er, umgestylt zum himmelblauen Lackaffen mit perlweißen Zähnen, eine ebenso frisch aussehende, weil mit Wasserperlen benetzte Dose Rücksicht in die Kamera. »Gibt's auch hier in Berlin.«

Der christliche Schutzpatron der Reisenden ist die zentrale Figur der »Kommunikationskampagne«, die in der multireligiösen Stadt Berlin sowie in Freiburg schließlich zu mehr Sicherheit im Straßenverkehr führen soll. Des Weiteren strecken fünf von Gehweg und Fahrbahn gepflückte Stereotypen dem Betrachter die blaue Dose entgegen. Ihre - allesamt weißen - Gesichter sehen aus, als sei den Bildbearbeitern am Computer der Weichzeichner ausgelaufen. Plastikfassade und poppig bunte, völlig überzogene Künstlichkeit, die indes Absicht sein soll, wie die Macher betonen. Eine charmant-ironische Note soll diese Karikatur der Werbewelt der Kampagne verleihen. Und dadurch zum Nachdenken anregen.

Viel Erfolg dabei. Denn die eigentliche Botschaft verschwindet nahezu völlig hinter den geweißelten Plastik-Grinsebacken.

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