nd-aktuell.de / 08.05.2012 / Politik / Seite 8

Zu spät für Mitgliederentscheid

Schiedsgericht der LINKEN: Vorstand urteilte nicht satzungskonform

Uwe Kalbe
Der lange umstrittene Mitgliederentscheid der LINKEN über die neue Parteiführung sorgt noch einmal kurzzeitig für Aufmerksamkeit. Er war vom Geschäftsführenden Parteivorstand im Januar nicht zugelassen worden. Was die Bundesschiedskommission der Partei nun für falsch erklärt hat.

Am Wochenende befand die Bundesschiedskommission über einen Antrag, der die Frage eines Mitgliederentscheids nochmals auf die Tagesordnung brachte. Der von mehreren Landesverbänden beantragte Mitgliederentscheid, der eine Art Vorwahl zur neuen Parteispitze gewesen wäre, war nach Auffassung der Bundesschiedskommission satzungskonform und hätte nicht zurückgewiesen werden dürfen. Das höchste Parteigericht urteilte mit einer Mehrheit von sechs Mitgliedern gegen eines, bei einer Enthaltung.

Der Geschäftsführende Parteivorstand hatte im Januar mit sechs gegen vier Stimmen den Mitgliederentscheid abgelehnt, die Parteivorsitzende Gesine Lötzsch hatte sich dabei enthalten. Das Führungsgremium berief sich in seiner Begründung auf ein Gutachten des Düsseldorfer Parteienrechtlers Martin Morlok, der darin vor einem Verstoß gegen das Parteiengesetz sowie gegen die Satzung der Partei gewarnt hatte.

Unter Hinweis auf die damaligen Bedenken rechtfertigte der Vorsitzende der Linkspartei, Klaus Ernst, auch am Montag die Entscheidung vom Januar, den Entscheid der Basis nicht zuzulassen. Man habe auf der Grundlage der damaligen Erkenntnisse entschieden, so Ernst. Im übrigen entscheide ohnehin der Parteitag über das Personal. Dies ist von den Antragstellern auch nie in Frage gestellt worden. Gleichwohl - und das war einer der Einwände von Morlok gewesen - hätte die Basisbefragung eine Art Vorentscheidung mit sich gebracht, der sich die Delegierten schwerlich hätten entziehen können.

Die Entscheidung der Bundesschiedskommission hat auf die aktuell bevorstehende Wahl der Parteiführung ohnehin keinen Einfluss mehr. Das liegt nicht nur daran, dass das höchste Parteigericht die strittige Frage aus grundsätzlichen Erwägungen behandelte, ohne dass der konkret vorliegende Antrag zu Konsequenzen zwingen würde. Sondern auch daran, dass die Fristen für eine Befragung bis zum Parteitag Anfang Juni nicht mehr einzuhalten wären - ein diesmal unbestrittenes Satzungshindernis.