nd-aktuell.de / 08.05.2012 / Sport / Seite 20

Die letzte Chance als Mannschaft

Nur noch die Volleyballer können in Sofia oder Berlin eine vermeintlich schwache deutsche Olympiabilanz retten

Oliver Händler
Ab heute spielen die Volleyballer in Sofia um ihr Olympiaticket für London. Die letzte Chance deutscher Teamsportler, die Bilanz von nur zwei qualifizierten Teams bei zwölf Möglichkeiten aufzubessern. Doch die simple Mathematik täuscht.

Zwei von zwölf. Die mathematische Bilanz scheint fatal. Von allen deutschen Mannschaftssportlern haben sich bislang nur die Hockeyteams für die Olympischen Spiele in London qualifiziert. Männer und Frauen im Fußball, Basketball, Wasserball und Handball müssen zuschauen, ebenso wie die Volleyballerinnen, deren männliche Kollegen ab heute noch zwei Chancen haben. Besonders groß wird die deutsche Olympiamannschaft nicht, doch viele Medaillen verliert sie auch nicht. Und so einige Olympiatickets wurden mit Pech verpasst oder wegen sehr harter Kriterien.

Der Reihe nach: Die Fußballer hätten bei der U21-EM 2011 ins Finale einziehen müssen, doch sie erreichten nicht einmal die Endrunde. Der Jahrgang mit Mesut Özil, Sami Khedira, Mats Hummels oder Manuel Neuer kam zwei Jahre zu früh. Er war noch Europameister geworden. Die Fußballerinnen hätten bei der Heim-WM 2011 Platz drei erringen müssen. Sie verloren nur ein Spiel: im Viertelfinale nach Verlängerung gegen den späteren Weltmeister Japan. In der Gruppenphase hatten die Spielerinnen von Bundestrainerin Silvia Neid die Französinnen besiegt, die auf anderem Wege ins Halbfinale gelangten und nun nach London fahren dürfen.

Die Handballerinnen gewannen ihr WM-Auftaktspiel im Dezember 2011 gegen Norwegen. Es war die einzige Niederlage des späteren Weltmeisters, während die deutsche Mannschaft später auf Platz 17 die Olympiateilnahme verpasste. Die Männer hatten bei ihrer WM den Weltmeister und den Drittplatzierten in ihrer Gruppe, waren aber auch gegen andere Gegner nicht konstant genug. Hier war die verpasste Olympiaqualifikation ebenso verdient wie bei den Wasserballern, da in den entscheidenden Momenten auch Partien gegen schwächer eingeschätzte Teams verloren wurden.

Im Wasserball wie auch im Basketball fehlt es den deutschen Frauen an internationaler Qualität, so dass hier ohnehin nie mit einer Olympiateilnahme gerechnet wurde. Davon durften die Basketballmänner schon träumen, war ihnen das Kunststück 2008 doch noch gelungen. Bei der EM trafen die Deutschen jedoch schon in Vor- und Zwischenrunde auf die späteren Finalisten und Gastgeber Litauen. Hinzu kam, dass Starspieler Dirk Nowitzki wenige Monate zuvor nach langen kräftezehrenden Playoffs den NBA-Titel gewonnen hatte. Ein Nowitzki, dem es an Fitness und Motivation fehlte, war nur halb so viel wert wie 2008.

Die Volleyballerinnen hatten ihre beste Chance beim Weltcup im November 2011, als sie sogar die USA schlagen konnten. Am Ende eines Mammutturniers ging die Luft aus, und die USA qualifizierten sich vor den Deutschen. Die Männer spielen ab heute in Sofia und beim Verpassen der Qualifikation im Juni in Berlin um zwei letzte Tickets nach London.

Mindestens fünf ausgeschiedene Teams hatten also das Potenzial zur Qualifikation, doch die Gegner allein in Europa waren sehr stark. In keiner Sportart ist es dieser Tage leicht, sich für kleine olympische Felder zu qualifizieren, in denen auch schwächere Nationen aus anderen Kontinenten ihre Plätze beanspruchen.

Medaillenchancen hatten wohl nur die Fußballerinnen. So trifft es weniger die Plaketten zählenden Olympiafans als die Wasser- oder Volleyballer selbst, die nun weniger Geld vom Bundesinnenministerium erhalten werden. Von geplatzten Träumen bei den Athleten ganz zu schweigen. Sie sind enttäuscht genug und haben für mathematische Kritik ohnehin keinen Sinn. Warum auch? Ein Debakel ist etwas anderes. Das hier ist Sport - nur leider der olympische.