Freiheit des Wortes

PEN und Grass

  • Irmtraud Gutschke
  • Lesedauer: 2 Min.

Inzwischen würde man doch gerne wissen, wer den Antrag stellte, Günter Grass die Ehrenpräsidentschaft des deutschen PEN abzuerkennen. Der Name wird mit Erfolg geheim gehalten. »Autor Inkognito« ist auf der Tagung in Rudolstadt nicht anwesend, verlautbart dpa. Grass wird wegen Krankheit auch nicht dabei sein, wenn über ihn diskutiert wird. Wird es ein langes Hin und Her geben, werden die Meinungen zum Grass-Gedicht »Was gesagt werden muss« aufeinanderprallen? Gar eine große PEN-Debatte über die Politik Israels? Das wohl eher nicht.

Präsident Johano Strasser hat schon mal gegenüber dpa klargestellt, Grass sei »kein Antisemit und habe nie das Existenzrecht Israels in Frage gestellt«. Aber der Antrag allein schon kann in seiner Anonymität den Ruf des PEN beschädigen, der ja dafür gegründet wurde, die Freiheit des Wortes zu verteidigen. Meinungsfreiheit heißt nun einmal, dass unterschiedliche Standpunkte in der Öffentlichkeit ausgehalten werden müssen. Wem von den Mitgliedern des PEN das Grass-Gedicht bzw. die politische Ansicht missfällt, kann das äußern, darf aber eigentlich keine Sanktionen verlangen.

Wie auch immer in Rudolstadt mit dem Antrag umgegangen wird, die Medien (und auch unsereins tut hier mit, sonst müsste man schweigen) haben ihn in den Mittelpunkt gerückt. Die Bemühungen der internationalen Autorenorganisation PEN (poets, essayists novelists) zur Verteidigung verfolgter Berufskollegen oder auch die Debatten zum Urheberrecht in Deutschland, die eigentlich zu erwarten wären, sind für Journalisten längst nicht so griffig wie so ein kleiner Skandal, der in eine Überschrift passt.


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