nd-aktuell.de / 21.05.2012 / Wirtschaft und Umwelt / Seite 10

Grünes Konfliktfeld?

Frankreichs Sozialisten versuchen mit ihrem Minister eigenes Umweltkonzept

Ralf Klingsieck, Paris
Überraschung: Frankreichs neue Regierung hat zwar auch eine grüne Ministerin, doch das Umweltressort ging an eine Sozialistin.

Als am Mittwochabend die Zusammensetzung der neuen französischen Linksregierung bekanntgegeben wurde, war der Name der Umweltministerin eine echte Überraschung. Beobachter hatten damit gerechnet, dass dieser Posten wieder den Grünen zufällt und durch die Parteivorsitzende Cécile Duflot besetzt wird, so deren Vorgängerin in der letzten Linksregierung 1997 bis 2002. Doch die Grünen-Frau übernahm stattdessen das Wohnungsbau-Ressort, während das Umweltministerium von der sozialistischen Politikerin Nicole Bricq geleitet wird. Ganz offensichtlich wollen die Sozialisten damit deutlich machen, dass ihre grünen Juniorpartner nicht länger das Monopol auf das Thema Umwelt haben und die Sozialistische Partei PS dafür über ein eigenes Konzept und eigenes Personal verfügt. Die Grünen mussten das zähneknirschend akzeptieren, zumal sie geschwächt aus der Präsidentschaftswahl hervorgegangen sind.

Im Wahlkampf hatte der Sozialist François Hollande in jeder Rede die »dringend notwendige ökologische Wende« angemahnt. Als eine der ersten Initiativen seiner Präsidentschaft kündigte er die Einberufung einer Nationalen Umweltkonferenz unter Einbeziehung aller interessierten Politiker, Verbände oder Persönlichkeiten an. Gleichzeitig ließ er durch die ehemalige Europa-Abgeordnete Marie-Hélène Aubert, die vor einem Jahr von den Grünen zu den Sozialisten gewechselt ist, ein Netzwerk von Umweltexperten aufbauen, das seit Monaten an einem Konzept für die künftige Umweltpolitik der Linksregierung arbeitet.

Die Grünen sind vielen PS-Politikern mit ihrer Bereitschaft zu radikalen Lösungsvorschlägen suspekt. So wetterte der Bürgermeister von Lyon, Gérard Colomb, gern über die »Grünen Khmer«. Zum Umweltnetzwerk der Sozialisten gehören Verbindungsleute zu Verbänden wie Greenpeace, WWF, Les Amis de la Terre, France Nature Environnement (FNE) und der Stiftung des populären Fernsehmoderators Nicolas Hulot, ferner PS-Abgeordnete mit Erfahrungen im Kampf gegen genmanipuliertes Saatgut oder die Schiefergasgewinnung. Dabei sind aber mit dem Bürgermeister von Cherbourg, Bernard Cazeneuve, auch PS-Abgeordnete, die sich für die atomare Wiederaufbereitungsanlage in La Hague oder den Bau des neuentwickelten Atomreaktors in Flamanville einsetzen. Auf das Thema Atomausstieg angesprochen, bekannte sich Hollande im Wahlkampf nur zu einer schrittweisen Reduzierung des Anteils der Kernenergie am Energiemix. Für seine fünfjährige Amtszeit steht bislang nur die Schließung des ältesten französischen Atomkraftwerks im elsässischen Fessenheim fest.

Hollande setzt sich zwar für den Ausbau alternativer Energiequellen, Energieeffizienz, umweltverträglichere Produktion und biologische Landwirtschaft ein. Er will aber nicht zulassen, dass Umweltbelange die wirtschaftliche Entwicklung des Landes stören. Da zeichnet sich schon eine Menge Konfliktstoff im Verhältnis zu den Grünen ab ...