Ein Ohr für den Chor

Kommentar von Hans-Dieter Schütt

  • Lesedauer: 1 Min.

Deutschland hat in der langen Dauer seiner Existenz viel Schuld auf sich geladen. Aber muss deshalb zu Höchststrafen gegriffen werden? Wie etwa dem deutschen Chorfest, das in 14 Tagen in Frankfurt am Main über uns hereinbricht? Den Außenminister Fischer sind wir los, seine Chöre offenbar noch nicht. Und in diesem Jahr werden zudem noch Wolfgang Schäuble und Joachim Gauck dabei sein! Sie seien Spezialisten, so heißt es. Ja, der eine vertritt eine Koalition, die auf dem letzten Loch pfeift; und über das, was der andere von sich gibt, hat sogar Goethe kürzlich gesagt: »Pfui, ein politisch Lied, ein garstig Lied!«

Wenn Deutschland das Wort »Chor« ausspricht, sieht die Welt noch immer Freikorps auf sich zumarschieren. Das ist allerdings ungerecht. Nehmen wir Opernchöre: Jemand kriegt einen Dolch in den Leib, aber er stirbt nicht, sondern beginnt gemeinsam mit anderen zu singen. Menschenrettung durch Choralverkehr. Aber Schäuble und Gauck? Nicht das Labtal-Duo, aber ein Labsal-Duo schon gar nicht.

Das ist Demokratie: Der eine grillt, der andere grollt, der dritte grölt. Es dauert nicht lange, da werden uns Mächtige zum Schweigen bringen. Damit wir wahrnehmen, wie die Zahl der Arbeitslosen singt, das gesamte Lebensniveau auch. Uns wird noch Hören und Sehen vergehen.

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