nd-aktuell.de / 30.05.2012 / Politik / Seite 6

NVA-ler wieder nur zweitklassig

Bundeswehr-Reformbegleitgesetz muss nachgebessert werden

René Heilig
»Auch die Kanzlerin müsste die Streitkräfte als eine ihrer Baustellen sehen. Ich kann nicht erkennen, dass sie das tut«, sagt der Vorsitzende des Bundeswehrverbands, Ulrich Kirsch und ist »tief enttäuscht« von der bisherigen Umsetzung der Militärreform.

»Ich habe nicht den Eindruck, dass diese Bundesregierung die Reform als Gesamtaufgabe betrachtet«, sagt Oberst Ulrich Kirsch der »Süddeutschen Zeitung«. Vor allem fehle Geld für den Personalabbau, meint Kirsch, der so eine Art Gewerkschaftsboss der Soldaten ist. Wenn es nur ums Geld ginge ... Verteidigungsminister Thomas de Maizière (CDU) hat wesentlich mehr Probleme mit der Bundeswehrreform. Da ist zunächst die Industrie, die von ihm Lösungen erwartet, um das überzählige Militärgerät doch noch gewinnbringend zu verhökern. Statt der ursprünglich bestellten 177 Eurofighter soll die Luftwaffe nur nur noch 140 Stück kaufen, beim Hubschrauber Tiger halbiert sich die Bestellung auf 40 Stück. Ähnlich sieht es mit anderen Waffensystemen und Geräten aus.

Die Bundeswehr wird zwar verkleinert, zugleich wächst aber ihr Personalbedarf. Nach der Aussetzung der Wehrpflicht ist die Bundeswehr auf die Rekrutierung von Freiwilligen angewiesen. Jährlich 45 000 junge Leute müssten sich als Zeit- und Berufssoldaten beim »Bund« bewerben, meint de Maizière. Das wäre fast jeder achte Jugendliche eines Jahrgangs. Man will nur die Besten - so wie alle Unternehmen. Das sei trotz der Konkurrenz zu erreichen, hört man aus dem Ministerium. Das hängt auch davon ab, wie die Streitkräfte mit ihrem Personal umgehen. Ständige Auslandseinsätze sind nicht gerade familienfreundlich. Und natürlich schaut man sich auch vor Eintritt in die Truppe an, wie die mit denen umgeht, die ausscheiden.

Bis 2017 müssten laut Reformziel 6200 Berufssoldaten und 3000 zivile Bedienstete vorzeitig ausscheiden. Großzügige Abfindungen und Vorruhestandsregelungen sollen die Entscheidung erleichtern. 10 000 Euro pro geleistetem Dienstjahr erhält ein 40-Jähriger, der freiwillig ausscheidet. Ebenso 10 000 Euro gibt es für jedes Jahr, das ein Über-40-Jähriger vorzeitig in Pension geht. Vorruheständler können unbegrenzt hinzuverdienen. Ende Juni soll das sogenannte Reformbegleitgesetz im Bundestag verabschiedet werden. Doch nun klemmt es.

Der Beauftragte der Bundesregierung für die neuen Länder, Christoph Bergner (CDU), und die ostdeutschen CDU-Abgeordneten haben das Gesetz gestoppt. Der Entwurf wurde in den Verteidigungsausschuss zurückgegeben. Der Grund: Ehemalige NVA-Soldaten, die von der Bundeswehr übernommen wurden, sind mal wieder Soldaten zweiter Klasse. Ihre Pension fällt wegen der kürzeren Dienstzeiten geringer aus und wird - bis sie mit 65 Jahren Leistungen der gesetzlichen Rentenversicherung beziehen - aufgestockt. Das Problem: Die Ex-NVA-ler in Bundeswehrdiensten sollen dem Gesetzentwurf zufolge nur dann unbegrenzt hinzuverdienen dürfen, wenn sie auf diese Pensionsaufstockung verzichten.