Raumwechsel

Bob Dylan wurde vorgestern mit der Freiheitsmedaille der USA geehrt

  • Thomas Blum
  • Lesedauer: 2 Min.

Interviews gibt der Mann keine mehr. Gott gibt schließlich auch keine. Der 71-jährige US-amerikanische Musiker, Sänger, Dichter und Nobelpreisanwärter hat einst, ähnlich wie es Miles Davis für den Jazz getan hat, maßgeblich dafür gesorgt, dass heute selbst die rückständigste Dumpfbacke anerkennen muss, dass sogenannte Populärmusik große Kunst sein kann. In den Sechzigern war er »der Kerl«, wie es einmal in einem Zeitungsartikel hieß, »der den Folk gezwungen hat, mit der Rockmusik ins Bett zu gehen«.

»All das Geld, das ihr gemacht habt / Kann niemals eure Seele zurückkaufen«, mahnte er die Mächtigen in seinem Antikriegslied »Masters of War«. Später wird derselbe Künstler Reklame für Unterhosen machen und seine Hippieschnulze »The times they are a-changin'« an eine Bank verkaufen. Wie sagte er vor 15 Jahren in einem Interview so schön? »Im Laufe des Lebens findet man sich zu verschiedenen Zeiten mit anderen Menschen in anderen Zimmern wieder.« Vorgestern fand er sich in einem Zimmer des Weißen Hauses wieder, wo er vom US-Präsidenten neben anderen für bedeutend gehaltenen Personen mit der Freiheitsmedaille geehrt wurde, der höchsten Auszeichnung, die in den USA einem Zivilisten für seine besonderen Verdienste verliehen werden kann.

»Wir haben hier einen voll besetzten Saal. Was zeigt, wie cool diese Leute sind«, sagte Barack Obama. Nun kann man durchaus verschiedener Ansicht darüber sein, ob eine fragwürdige Figur wie Angela Merkel, der die Auszeichnung letztes Jahr zuteil wurde, so cool ist wie Dylan, der die Medaillenverleihungszeremonie sichtlich unbeeindruckt über sich ergehen ließ und keinerlei Anstalten machte, seine dunkle Sonnenbrille abzunehmen. Andererseits: Wer von dem Staat, in dem er lebt, für besondere Verdienste ein Stück Blech ans Revers geheftet oder eine Medaille um den Hals gehängt bekommt und sich das auch gefallen lässt, sollte sich stets fragen, was er in seinem Leben falsch gemacht haben könnte. Nicht selten werden ja vom Staat Leute geehrt, die sich früher oder später bereitwillig ihre Seele haben abkaufen lassen.

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