Viel Wind

Carolyn Christov-Bakargiev ist Leiterin der dOCUMENTA (13)

  • Marion Pietrzok
  • Lesedauer: 2 Min.

Eine frische Brise empfängt den Besucher im Kasseler Fridericianum, dem traditionellen Hauptausstellungsort der documenta. Dieser Luftzug - es ist ein Kunstwerk. Die Chefin der 13. Ausgabe dieser angesehensten Ausstellung zeitgenössischer Kunst der Welt hat die Eingangssäle, die bei bisherigen Schauen mit programmatischen Arbeiten besetzt wurden, überraschenderweise frei gelassen - für die Intervention des britischen Künstlers Ryan Gander. Was so unmerklich ins Gesicht bläst, viel Wind um nichts? Oder um uns erst einmal kräftig das Gehirn durchzupusten? Denn die selbstbewusste Kuratorin hat eine Schau inszeniert, die dem Besucher allerhand Denkarbeit abverlangt.

So viel mindestens war schon klar, als Carolyn Christov-Bakargiev diesen Posten, der alle fünf Jahre zur nächsten documenta neu vergeben wird, antrat: Kopfarbeit - nicht nur das Augenaufreißen - wird bei ihr großgeschrieben. Darauf soll schon die eigenwillige Schreibweise des Titels der d (13) hinweisen. Auch das Kunstverständnis der 54-Jährigen, Mutter zweier Kinder und stets von einem weißen Malteserhündchen namens Darsi begleitet, ist ein bisschen anders. Es greife weiter als das, was Menschen normalerweise als Kunst bezeichnen, sagt sie. Dass sie Orte wie Kabul, das kanadische Banff oder Alexandria zu d (13)-Dependancen machte, um auf politische Brennpunkte der Welt hinzuweisen, gehört dazu.

So sehr das Kasseler »Museum der 100 Tage« zuletzt den Charakter eines Spektakels angenommen hatte - Carolyn Christov-Bakargiev, die in den dreieinhalb Jahren der Vorbereitung die Welt bereiste und kaum einen der üblichen markt-verdächtigen Künstler einlud, macht nicht weniger - aber vielleicht doch einiges mehr?

Die Frau mit den wilden Locken und anregend krausen Gedanken, die in den USA geboren ist - der Vater ein bulgarischer Arzt, die Mutter eine italienische Archäologin -, hatte nach Studium und Arbeit als Kuratorin in Italien großen Erfolg als Leiterin der Kunstbiennale in Sydney 2008. Über ihr d (13)-Konzept werden ab heute die Besucher urteilen. Die Journalisten hat sie schon auf ihrer Seite.

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal