nd-aktuell.de / 25.06.2012 / Wirtschaft und Umwelt / Seite 10

Moos als Schadstoffsammler

Kostengünstige Methode zur Überwachung und Reinigung der Luft

Walter Schmidt
Freiburger Biologen wollen den Schwermetallgehalt der Luft mit abgetöteten Torfmoosen in kleinen Beuteln überwachen. Das soll nicht nur kostengünstiger sein als die bereits praktizierte Methode mit lebenden Moosen, sondern auch genauere Daten liefern.
Dieses Torfmoos lebt noch.
Dieses Torfmoos lebt noch.

Moose sind fleißige und vergleichsweise billige Schadstoffsammler. Da sie keine Wurzeln haben und das ganze Jahr über stoffwechselaktiv sind, können sie Schwermetalle und sogar radioaktive Substanzen pausenlos und direkt aus der Luft aufnehmen. Dabei kommt ihnen ihre im Vergleich zur Pflanzenmasse sehr große Blattoberfläche zugute.

Die Europäische Union (EU) fordert schon seit 1996 von ihren Mitgliedsländern, Luftverschmutzungen kontinuierlich zu überwachen, doch erst seit 2008 müssen neben Stick- und Schwefeloxiden auch Schwermetalle wie Cadmium oder Blei in der Luft stetig nachgewiesen werden. Dabei kommen europaweit zum Beispiel Torf- oder Schlafmoose zum Einsatz.

Um diese Methode kostengünstiger und genauer zu machen, fördert die EU das Konsortium Mossclone (»Moos-Klon«) über drei Jahre mit insgesamt 3,5 Millionen Euro. Der Mossclone-Verbund besteht aus fünf mittelständischen Unternehmen sowie fünf akademischen Partnern.

Zu letzteren gehören Biologen der Universität Freiburg um Ralf Reski. Das Team des 53Jährigen will unter kontrollierten Laborbedingungen eine besonders geeignete Torfmoos-Art identifizieren. Das ausgewählte Moos wollen die Forscher dann klonen. Die so entstehenden, identischen Moos-Kopien können Schwermetalle allesamt gleich gut - faktisch »standardisiert« - aus der Luft aufnehmen. Europaweit ausgebracht, liefern sie somit vergleichbare Messergebnisse.

Moose bauen eine Teil der aus der Luft gefilterten Schwermetalle fest in ihre Biomasse ein, ein anderer Teil haftet nur lose an den Moosblättern. Nur auf diesen Teil hat es Reskis Team abgesehen. Deshalb wird das eingesetzte Torfmoos auch zuvor abgetötet. Allerdings achten die Biologen darauf, die fürs Einfangen der Schwermetalle aus der Luft so günstige, fein verästelte Gestalt der Moose möglichst wenig zu beeinträchtigen. Bei der Aufzucht achten die Biologen auch darauf, dass die Moose nicht mit Schwermetallen in Kontakt kommen, denn das würde die Messungen verzerren.

Die im Ofen getrockneten Moospflänzchen kommen anschließend in kleine luftdurchlässige Säckchen. Voraussichtlich ab dem Frühjahr 2013 werden die Säckchen an verschiedenen europäischen Standorten in Messstationen aufgehängt und müssen dann erweisen, wie gut sie in der Praxis imstande sind, Schadstoffe aus der Luft zu akkumulieren, also einzusammeln. »Wir werden Methoden der Molekularbiologie und Materialwissenschaften mit denen der Ökologie und Bionik verbinden«, sagt Ralf Reski, der am Forschungskolleg FRIAS der Universität Freiburg arbeitet.

Auf welche der sechs Torfmoos-Arten die Wahl der Biologen am Ende der Laborversuche fallen wird, ist noch offen. Eine bekannte Art ist das nahezu weltweit verbreitete Gewöhnliche oder Sumpf-Torfmoos (Sphagnum palustre).