nd-aktuell.de / 29.06.2012 / Politik / Seite 1

Monti fordert Merkel heraus

Beim EU-Gipfel steht die Bundeskanzlerin unter besonderem Druck

Katja Herzberg
Am Donnerstagnachmittag begann das anderthalb tägige Treffen der 27 EU-Staats- und Regierungschefs in Brüssel. Angela Merkels Spiel auf Zeit bei der Euro-Rettung könnte nun ein Ende haben.

Deutschland gegen Italien, so lautete gestern Abend nicht nur die Ansetzung im Halbfinale der Fußballeuropameisterschaft. Auch beim EU-Gipfel in Brüssel sollte sich zeigen, welcher der beiden EU-Gründungsstaaten sich durchsetzen wird. Deutschland mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), die eine Vergemeinschaftung der Schulden weiter ablehnt wie sie in ihrer Regierungserklärung vor dem Bundestag am Mittwoch noch einmal bekräftigte, oder der italienische Ministerpräsident Mario Monti, der Maßnahmen zur Senkung der Zinsen auf italienische, aber auch spanische Staatsanleihen aufs Schärfste anmahnte. Damit ging dem Gipfel trotz mehrerer Vorbereitungstreffen einzelner Regierungschefs eine harte Kontroverse voraus.

Am ersten Tag der Tagung des Europäischen Rates sollte zwar ganz harmonisch ein Wachstumspaket mit einem Volumen von bis zu 130 Milliarden Euro sowie der mehrjährige Finanzrahmen verabschiedet werden. In Sachen Bankenkrise wollten sich die krisengeschüttelten Länder, allen voran Italien und Spanien, jedoch von Merkel nicht länger hinhalten lassen.

Unterstützung erhielten Monti und der spanische Regierungschef Mariano Rajoy von Frankreichs Präsident François Hollande, der sich vor Beginn des Gipfels für »sehr schnelle Lösungen« für die Euroländer in Finanznot aussprach, wie die Nachrichtenagentur AFP berichtete. Ähnlich äußerte sich laut AFP der belgische Regierungschef Elio Di Rupo. Wenn man den Krisenländern nicht helfe, »wird es einen Dominoeffekt in ganz Europa geben. Wir müssen Notmaßnahmen ergreifen.« Monti und Rajoy schlugen vor, dass die Europäische Zentralbank Staatsanleihen aufkauft.

Ein Treffen der Eurogruppe, das solche Maßnahmen beschließen könnte, war ursprünglich erst nach Abschluss des eigentlichen Gipfeltreffens geplant. Zuvor sollte sich die Runde erstmals mit Vorschlägen der EU-Spitzen zur Weiterentwicklung der europäischen Währungsunion befassen. Merkel äußerte vor dem Gipfel deutliche Kritik an dem Papier, weil es eine Vergemeinschaftung von Staatsschulden in der Eurozone enthalte.

Viel Zeit bleibt für diese Debatte heute sicher nicht. Schon gar nicht für Merkel, die am Nachmittag zurück nach Berlin reisen will, um den Fiskalpakt im deutschen Parlament durchzudrücken.