nd-aktuell.de / 05.07.2012 / Politik / Seite 6

Pfandschummel im Bierkasten?

Deutsche Umwelthilfe erhebt schwere Vorwürfe gegen die Radeberger Gruppe

Fabian Lambeck
Das mexikanische Bier Corona wird hierzulande in pfandbegünstigten Mehrwegflaschen angeboten. Zu Unrecht, meint die Umwelthilfe und beschuldigt den deutschen Vertriebspartner Radeberger des Pfandbetrugs.
Pfandschummel im Bierkasten?

Der Biermarkt ist längst international und stark monopolisiert. Die vier großen Brauereikonzerne Anheuser-Busch InBev, SABMiller, Heineken und Carlsberg teilen die Märkte unter sich auf. In Deutschland dominiert die Radeberger-Gruppe. Allerdings handelt es sich hierbei nicht um eine ostdeutsche Erfolgsgeschichte. Unter dem Dach von Radeberger bündelt die milliardenschwere Oetker KG aus Bielefeld ihr Biergeschäft. Die Radeberger-Gruppe sitzt auch nicht in Dresden, sondern in Frankfurt am Main. Neben Marken wie Berliner Pilsner, Freiberger oder Schöfferhofer vertreibt man auch mexikanisches Bier der Marke Corona. Kunden mögen sich seit Längerem darüber wundern, dass die Flaschen aus Amerika hier als Mehrweg angeboten werden. Auch die Deutsche Umwelthilfe (DUH) wurde misstrauisch und nahm die Glasbehälter genauer unter die Lupe. Dabei machte man eine merkwürdige Entdeckung: Keine der bei Testkäufen erstandenen Corona-Flaschen wies Schleifspuren auf. Diese Spuren sind aber ein sicheres Indiz für einen Mehrwegkreislauf, entstehen sie doch bei der maschinellen Wiederbefüllung. Offenbar wurden in Mexico nur neue Flaschen verwendet.

Die Umwelthilfe wandte sich daraufhin an Radeberger. Dort ließ man die Verbraucherschutzorganisation wissen: »Sämtliches an uns zurückgegebenes Leergut« werde über Antwerpen nach Mexiko zurücktransportiert.

Die DUH blieb misstrauisch, schließlich hatte man Hunderte Flaschen kontrolliert, ohne eine einzige Schleifspur entdeckt zu haben. Über eine spanische Organisation kontaktierte man den mexikanischen Produzenten Grupo Modelo. Dort erfuhr man, »dass die leeren Flaschen nicht nach Mexiko zurückgeschickt werden, sondern im Importland bleiben«. Für die Verbraucherschützer ist der Fall somit klar: »Die größte deutsche Brauereigruppe verschafft sich gesetzeswidrig gegenüber ehrlich in Mehrweg wirtschaftenden Brauereien einen unlauteren Wettbewerbsvorteil und verstößt zudem vorsätzlich gegen Umweltgesetze«, so Jürgen Resch, der DUH-Bundesgeschäftsführer am Mittwoch.

Tatsächlich geht es um viel Geld: Radeberger verkauft pro Jahr mehrere Millionen Liter Corona in Deutschland. Derzeit bietet man die Flaschen als ökologisch vorteilhafte Mehrwegflasche an. Für solche Behältnisse wird ein begünstigter Pfand von 8 Cent fällig. Sollten die Vorwürfe der DUH zutreffen und die Flaschen tatsächlich nur Einweggebinde sein, müsste man einen erhöhten Pfand von 25 Cent erheben. Das würde eine Kasten Corona erheblich verteuern und Käufer abschrecken. Die DUH fordert nun von Radeberger, »eine strafbewährte Unterlassungserklärung abzugeben und die Irreführung sofort zu beenden«.

Der Brauereikonzern reagierte umgehend und wies die Vorwürfe am Mittwoch zurück. Die fehlenden Schleifspuren erklärte man mit dem »Premiumanspruch« der Marke. Man befülle »ausschließlich Neuglas«, um einen »ansprechenden Auftritt« sicherzustellen, so ein Sprecher von Radeberge. Zudem habe der mexikanische Hersteller schriftlich bestätigt, dass die Flaschen wiederverwendet würden. Aber selbst wenn diese schwer überprüfbare Behauptung stimmen sollte, bleibt die Frage, ob der Transport leerer Flaschen über den Atlantischen Ozean überhaupt ökologisch ist.