Zarin gekrönt

Anhaltinische Prinzessin regiert Russland

  • Oliver Matz
  • Lesedauer: 2 Min.
Katharina II.
Katharina II.

Bürgerlichen Historikern gilt sie bis heute als aufgeklärte Herrscherin, förderte sie doch Wissenschaft und Bildung. Die große Mehrheit der Bevölkerung, die leibeigenen Bauern, profitierten indes nicht von ihrer Regentschaft. Am 9. Juli 1762 bestieg Katharina II. den russischen Thron.

Politische Pläne der Mächtigen bestimmen früh das Geschick der 1729 zur Welt gekommene Prinzessin Sophie von Anhalt-Zerbst. Um eine preußisch-russische Allianz vorzubereiten, vermittelt Friedrich II. eine Heirat mit dem russischen Thronfolger Peter. Die Ehe ist wenig glücklich. Die zum orthodoxen Glauben konvertierte Sophie nimmt den Namen Katharina an und begeistert sich für Montesquieu und Voltaire.

Im Dezember 1761 stirbt die Zarin Elisabeth Petrowna. Katharinas Gatte besteigt als Peter III. den Thron. Nicht für lange. Seine Pläne für umfangreiche Reformen und der Friedensschluss mit Friedrichs Preußen 1762 bringen große Teile des Adels gegen ihn auf. Katharina nutzt die Gunst der Stunde. Am 9. Juli 1762 organisiert sie einen Staatsstreich. Mit Hilfe des Militärs wird ihr Gatte gestürzt und wenige Tage später ermordet. Für die nächsten 34 Jahre bestimmt nun Katharina Russlands Schicksal.

Die Herrscherin ist sich der elenden Lage der Muschiks nur zu bewusst, doch der Gedanke an Reformen wird bald wieder fallen gelassen, stattdessen das Dekret Peters III. von der Freiheit des Adels bestätigt. Die Bauern unterstehen weiterhin ganz der Willkür der Gutsbesitzer. Dies erregt den Hass der Ausgebeuteten. In Jemeljan Pugatschows finden sie einen charismatischen Anführer. Im Herbst 1773 kommt es zum bewaffneten Aufstand, der brutal niedergeworfen wird. Tausende von Bauern werden grausam ermordet. Pugatschow wird am 10. Januar 1775 in Moskau enthauptet. Immerhin verbietet Katharina die Folterung des Gefangenen.

In der Bildungspolitik setzt die Zarin progressive Akzente. So wächst die Zahl der Staatsschulen. 1764 wird das Petersburger Smolny-Institut, die erste russische Lehr- und Erziehungsanstalt für Frauen adeliger Herkunft gegründet. Außenpolitisch erfährt das Reich enormen Machtzuwachs. Kriege gegen die Türken sichern Russland Zugang zum Schwarzen Meer. Preußen, Österreich und Russland teilen 1772, 1793 und 1795 Polen unter sich auf.

Katharina ist als »die Große« in die Geschichte eingegangen. Die Aufklärer des Westens, mit denen sie im regen Briefwechsel stand, priesen sie als ihre Prophetin auf dem Thron. Die Russen betrachten sie kühler als Vertreterin einer klugen Machtpolitik.

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