Nach Grün kommt Gelb

Team Liquigas hat das Sprinttrikot schon sicher, nun soll die Gesamtführung her

  • Tom Mustroph, Pau
  • Lesedauer: 3 Min.

Grün haben sie bereits gebunkert. Jetzt richten sie den Blick auf Gelb. Liquigas ist der Überraschungsrennstall dieser Tour de France. Mit dem Slowaken Peter Sagan stellen die Italiener den unumstrittenen Herrscher der Beschleunigungen. Sein Kapitän Vincenzo Nibali scheint der einzige, der dem Sky-Duo Bradley Wiggins und Christopher Froome in den Pyrenäen noch ernsthaft zusetzen kann. Der Italiener liegt derzeit auf Rang drei. Damit hat die Mannschaft, die sich lange Zeit nur über Erfolge im eigenen Lande freuen konnte, erstmals wieder internationales Format erreicht.

Die größere Überraschung ist sicher Sagan. Der frühere Mountainbiker holte drei Etappensiege, war zweimal auf dem zweiten Platz und führt so deutlich die Wertung ums grüne Trikot an, dass der Rostocker André Greipel bei den Zwischensprints nur noch wegen der Geldprämien für die Mannschaftskasse von seinem Team Lotto mitspurtet.

Sagan erwies sich bei seinen Coups nicht nur als exzellenter Sprinter im Flachen. Er hielt auch in den Bergen mit. »Was machst Du denn hier?«, rief ihm der spätere spanische Etappensieger Luis Leon Sanchez (Rabobank) zu, als er bei einem 18-prozentigen Anstieg am Sonntag den Slowaken an seiner Seite sah.

»Sagan gefällt mir. Er hat Charakter und Temperament. Und wenn er ein paar Kilo abnimmt, dann kann er auch im Klassement der großen Rundfahrten mitmischen«, sagte Felice Gimondi »nd«. Gimondi weiß, wovon er spricht. Als 22-Jähriger gewann er die Tour de France. Er ließ Gesamtsiege beim Giro d'Italia und der Vuelta a Espana folgen und ist nur einer von insgesamt vier Radprofis, denen dieser Grand Slam gelang. Außerdem war er ein Klassikerjäger von Format und zudem Weltmeister. In Sagan könnte ihm in Zukunft tatsächlich ein Nachfolger erwachsen.

Seinem Landsmann Nibali traut Gimondi bei dieser Tour auch einiges zu. »Er ist eine positive Überraschung. Er kämpft, er lässt nicht locker, er sucht seine Chance. Das gefällt mir. Um entscheidenden Vorsprung herauszufahren, muss er am Mittwoch aber schon weit vor dem Ziel eine Attacke starten«, blickte er auf die heutige Königsetappe über den Col d'Aubisque, den Col du Tourmalet, den Col d'Aspin und den Col de Peyresourde voraus. »Mindestens am Col d'Aspin muss er seinen Angriff starten«, meinte Gimondi. »Die Leute wollen einen Kampf sehen. Wenn du den wagst, bist du ein Held, selbst wenn du am Ende verlierst«, sagte er.

Nibali, genannt der »Hai von Messina«, hat Biss genug. Sein großer Nachteil ist, dass er weitgehend auf sich allein gestellt ist. Während Wiggins und Froome bei Team Sky noch über weitere zwei, drei Teamgefährten in den Gipfeln verfügen können, und der australische Titelverteidiger Cadel Evans bei BMC zumindest den im weißen Trikot des besten Jungprofis fahrenden Tejay van Garderen (USA) an seiner Seite hat, ist Nibali als Einzelkämpfer unterwegs.

Der traditionelle Bergführer Sylwester Szmyd (Polen) ist außer Form, der ehemalige Teamkapitän Ivan Basso als Helfer nicht sonderlich motiviert. Nibali nimmt die Aufgabe aber an. »Wir haben alle Ambitionen hier«, sagte der Sizilianer, und ließ dabei durchblicken, dass seine Ambition gelb gefärbt ist.

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