nd-aktuell.de / 19.07.2012 / Brandenburg / Seite 14

Zoll darf der Polizei nicht helfen

Bundesfinanzministerium erklärt Verzicht auf Befugnisse im Kampf gegen Kriminelle

Andreas Fritsche

Durchsucht ein Zollbeamter ein Auto nach Schmuggelzigaretten und stellt dabei fest, dass der Wagen gestohlen wurde, so muss er die Polizei rufen. Einen Autodieb selbst verfolgen und festnehmen darf er streng genommen nicht. Um dieses absurde Kompetenzwirrwarr zu beenden, änderte der Landtag am 6. Juni das Polizeigesetz. Zollbeamte sind seitdem in Brandenburg befugt, Straftäter aufzugreifen, ihre Identität zu überprüfen und notfalls von der Schusswaffe Gebrauch zu machen.

Doch der Zoll wird die neuen Möglichkeiten nicht nutzen. Das Bundesfinanzministerium erklärte den Verzicht in einem Erlass vom 5. Juli, wie bei der Gewerkschaft der Polizei (GdP) zu erfahren ist.

Dabei begrüßten Experten das Vorgehen Brandenburgs. Nur die Grünen hatten sich im Landtag enthalten, alle anderen Parteien hatten zugestimmt. »Ich freue mich, dass die politische Vernunft gesiegt hat«, meinte Ralf Roggenbuck, Landesvorsitzender des Deutschen Beamtenbundes.

Die ablehnende Haltung des Bundesfinanzministeriums ist allerdings nicht überraschend. Denn zuvor hatten bereits Bayern, Baden-Württemberg, Schleswig-Holstein und Sachsen die Zöllner den Polizisten quasi gleichgestellt, und auch in diesen Fällen winkte der Bund ab.

Die Zusammenarbeit von Zoll und Polizei sei keine Einbahnstraße, beschwerte sich Frank Buckenhofer, Vorsitzender der Bezirksgruppe Zoll bei der GdP. Während Bundespolizisten und Polizisten der Länder den Zoll täglich bei seinen Aufgaben »tatkräftig« unterstützten, müssten die Zollbeamten immer wieder erklären, warum sie ihren Kollegen von der Polizei nicht helfen - ja, ihnen gar nicht helfen dürfen! Buckenhofer ist mit dieser Situation nicht einverstanden.

Auch der Landtagsabgeordnete Jürgen Maresch (LINKE) beklagte sich über die Haltung des Bundesfinanzministeriums. Den Zollbeamten polizeiliche Befugnisse einzuräumen sei eine richtige und wichtige Maßnahme, betont er. Nun sei aber klar, dass der Zoll nicht wie gedacht dabei helfen kann, die Kriminalität an der polnischen Grenze einzudämmen. »Alle anderen Behauptungen sind schlicht und einfach falsch.« Als Konsequenz dürften jetzt nicht Stellen bei der Polizei auf der Straße gestrichen werden. Lediglich bei der Verwaltung, beim Wasserkopf, könne gespart werden, sagt Maresch. Er bezweifelt jedoch, dass die laufende Reform der brandenburgischen Polizei genau das erreicht.

Der Abgeordnete hat sich, was die Bekämpfung der Grenzkriminalität betrifft, von den neuen polizeilichen Befugnissen des Zolls ohnehin wenig versprochen. Eine große Hilfe könne der Zoll allein schon deshalb nicht sein, weil auch beim Zoll in den vergangenen Jahren massiv gespart wurde.