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Widerstand zahlt sich aus

Goodyear gibt Sozialplan auf - Betriebsräte feiern den Sieg

  • Andrea Klingsieck, Paris
  • Lesedauer: 3 Min.
Nach mehrjährigen Arbeitskämpfen in einem französischen Goodyear-Werk gaben die Firmenchefs jetzt nach.

Ein Lichtblick auf dem französischen Arbeitsmarkt: Der US-Reifenkonzern Goodyear hat den seit mehreren Jahren angedrohten und seitdem stark umkämpften Sozialplan für sein Werk Amiens-Nord aufgegeben. Zur Schließung der Abteilung für Pkw-Reifen und zum Abbau von 817 Arbeitsplätzen wird es nicht kommen. Die Firmenleitung verzichtet auf Entlassungen, bietet nun Freiwilligen ein Ausscheiden gegen Abfindung an und verpflichtet sich dazu, die Aktivitäten im Werk fortzuführen.

Die Gewerkschaft CGT wertet dies als großen Sieg in einem Konflikt, der hinsichtlich seiner Länge und Intensität für die Automobilindustrie beispiellos war. Erstmals sei es hier den Mitarbeitern gelungen, einen multinationalen Konzern durch Widerstand zum Einlenken zu bewegen. Diesen Erfolg verdanken die Reifenarbeiter von Amiens auch ihrem CGT-Betriebsrat Mickaël Wamen. Dieser machte durch sein Engagement der Firmenleitung das Leben schwer - mit persönlichen Opfern: »Man hat auf mich Druck ausgeübt, ich habe Momente der Zweifel erlebt, ich wurde sicherheitshalber mehrmals meiner Stellung enthoben, man hat mich aufs Polizeikommissariat bestellt«, berichtet Wamen. »Aber der Rückschlag, den die Firmenleitung nun einstecken muss, der ist einfach phänomenal.«

Alles begann 2007: Die Firmenleitung der Gruppe Goodyear-Dunlop wollte die Arbeitszeiten der Fabrikarbeiter in ihren beiden Werken im nordfranzösischen Amiens flexibler gestalten und drohte bei Weigerung mit Entlassungen. Im Dunlop-Werk Amiens-Sud gaben die Betriebsräte der Gewerkschaften CGT, FO und CFTC dieser Erpressung nach und akzeptierten Schichtarbeitszeiten. Mitarbeiter mussten dort fortan an 20 Wochenenden im Jahr arbeiten, ohne verbindliche Zusagen für Gehaltserhöhungen.

Im Goodyear-Werk Amiens-Nord lehnten die Gewerkschaften diese Umstrukturierungen ab. Die Sanktion folgte prompt: Die Leitung der Gruppe kündigte im Mai 2008 einen Plan an, der den Abbau von mehr als 400 der insgesamt 1300 Arbeitsplätze vorsah. Doch die Gewerkschaften boten Paroli. Sie wussten, dass es keine wirtschaftlichen Gründe für Arbeitsplatzstreichungen gab, und klagten vor Gericht gegen den Sozialplan. Im April 2009 erhöhte die Firmenleitung daraufhin die Anzahl der vorgesehenen Arbeitsplatzstreichungen auf 817. Dies hätte das Aus der Abteilung für Pkw-Reifen bedeutet. Nur die 500 Stellen der Abteilung für Nutzfahrzeugreifen sollten erhalten bleiben.

Dagegen protestierten die Mitarbeiter: So machten sie während des Pariser Autosalons 2010 von sich reden, als sie Autos französischer Hersteller mit Mehl und Konfetti bewarfen. Im Juni 2009 demonstrierte die Belegschaft vor dem Firmensitz der Gruppe nahe Paris. Parallel dazu wurden die Sozialpläne juristisch angefochten. Nach mehreren Aufhebungen der Goodyear-Sozialpläne in erster Instanz bestätigte das Versailler Berufungsgericht im Januar 2010 die letzte Aufhebung durch das Gericht von Nanterre aus dem Jahr 2009. Der Anwalt der Arbeiter von Amiens-Nord, Fiodor Rilov, hofft nun, dass der Fall »zu einem neuen Gesetz führt, dass Mitarbeitern die Möglichkeit bietet, vor Gericht zu ziehen, wenn ein Sozialplan auf keiner wirtschaftlichen Notwendigkeit beruht«.

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