Aus dem Lebenszyklus des Erdöls
Edward Burtynskys Fotos zeigen Landschaftsveränderungen durch Energiekonzerne
Kanada ist einer der weltweit größten Produzenten von Öl aus Teersanden. Die Gewinnung ist aufwendig und zudem extrem umweltschädlich. Als der kanadische Fotograf Edward Burtynsky begann, unser Streben nach Wohlstand und Wachstum zu hinterfragen, brachte ihn das immer wieder zum Erdöl zurück. Die Fotografien zeigen den »Lebenskreislauf« des Öls von seiner Förderung über den Transport des Rohstoffs in Pipelines und Tankern bis hin zum Ende seines Lebens - alte Flugzeugmotoren und Reifenhalden stehen dafür als Metapher.
Die meisten Bilder Burtynskys sind selbsterklärend und lohnen doch einen zweiten Blick. Fördertürme in Baku, Aserbaidschan, machen nicht einfach nur Eindruck ihrer Hässlichkeit wegen. Vielmehr wegen ihrer Fragilität, wegen des Rostes, der sich auf ihnen festgesetzt hat. Die Fördertürme stehen in großen Ölseen, der zähe Stoff glitzert in der Sonne. Die Entscheidung, Fotos von Baku zu machen, kommt nicht von ungefähr: Die Stadt ist eine der Geburtsstätten der modernen Erdölindustrie.
Auch das ist Thema bei Burtynsky: Ölschlieren im Meer, Bohrtürme im Golf von Mexiko und die große Ölkatastrophe vor der Küste der USA im April 2010, als die Bohrinsel Deepwater Horizon explodierte und über Monate hinweg insgesamt bis zu 800 Millionen Liter Öl ins Meer flossen.
Burtynsky fotografiert nicht einfach nur Autos, er zeigt, wie stark der Verkehr die Landschaft verändert. Er präsentiert in einer Luftaufnahme eine Autobahn in Los Angeles, die sich mit ihrer gewundenen Auf- und Abfahrt über sechs Ebenen zieht. Die Fahrbahnen sind teilweise - und das lediglich in eine Richtung - siebenspurig. Ein anderes Bild zeigt eine Brückenauffahrt in Schanghai. Wie über eine Wendeltreppe winden sich die Autos Kreis um Kreis nach oben. Burtynsky zeigt auch die Fankurve bei einem Autorennen - eines der wenigen Bilder, auf denen Menschen zu sehen sind, doch auch hier sind sie kaum mehr als bunte Flecken.
Auf einem einzigen in der Ausstellung gezeigten Foto ist ein einzelner Mensch abgelichtet: Auf einem Abwrackplatz für Schiffe in Chittagong (Bangladesh). Doch ist auch er nur Beiwerk, das Schiffsungetüm im Hintergrund dominiert das Bild.
All dies würde es ohne Öl nicht geben. Burtynsky machte Industriefotografie, »aus einer gewissen Ehrfurcht vor den Dingen, zu denen wir als Spezies in der Lage sind«, wie er im Begleittext zur Ausstellung schreibt. Nach zwanzig Jahren sah der Künstler Öl schließlich nicht nur als Energiequelle, sondern auch als »Bedrohung, die unseren Lebensraum immer mehr gefährdet«.
Wir behalten den Überblick!
Mit unserem Digital-Aktionsabo kannst Du alle Ausgaben von »nd« digital (nd.App oder nd.Epaper) für wenig Geld zu Hause oder unterwegs lesen.
Jetzt abonnieren!
Linken, unabhängigen Journalismus stärken!
Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.
Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.