Werbung

Gewinne ohne Gift und Dünger

Das Bio-Gut Krauscha bei Görlitz setzt auf Tradition, Qualität - und Handarbeit

  • Harald Lachmann
  • Lesedauer: 4 Min.
Hans-Joachim Mautzschke beweist seit Jahren mit Erfolg auf seinem Hofgut Krauscha bei Görlitz, dass sich Biolandwirtschaft sehr wohl rechnen kann. Die Nachfrage steigt unaufhörlich.

Der Roggen steht dicht und genussvoll greift Hans-Joachim Mautzschke in die Ähren. Sein Blick verrät Genugtuung. Wobei sich das, was ihn vor allem zufrieden stimmt, erst auf den zweiten Blick ausmachen lässt: Kaum Unkraut zwischen den Halmen, zudem sehr sandige Böden, sodass schon herkömmliche Landwirte Mühe haben, hier ordentlich Ertrag zu machen. Doch Mautzschke ist Biobauer. Er spritzt nicht, er düngt nicht mineralisch, er setzt dem Boden nicht mehr zu, als er verantworten kann, wie er sagt.

Die Ökoidylle auf dem Hofgut Krauscha scheint perfekt. Unter Solardächern weiden Mutterkühe. Holzscheitstapel verraten die naturnahe Heizung. Abwasser wird biologisch geklärt. »Und die Tiefkühlzellen sind an eine Wärmerückgewinnung gekoppelt«, ergänzt der 52-Jährige.

Kühlzellen? Er nickt. Dass er 2006 den Hof aus dem Stadtgut Görlitz ausgliedern und nun in eine solide Zukunft führen konnte, sei nur möglich gewesen durch ein zweites ökologisches Standbein: In der Hofküche werden teils eigene, teils zugekaufte Bioprodukte verarbeitet, in Gläschen gefüllt und selbst vermarktet. Adressaten sind große Naturkostketten in Berlin, Hamburg, Thüringen, Hessen und am Rhein.

Lieber ein Feinkost- als ein Ökoimage

»Handgemacht vom ersten bis zum letzten Schritt«, benennt Sella Mevert, seine Lebens- und Geschäftspartnerin, das Grundprinzip ihrer Hausmannskost. »Frikassee, Ragout, Fond, Gulasch oder Brühe - alles wie zu Omas Zeiten, nach alten, meist eigenen Rezepten«, so die studierte Biologin. Den Grundstock dafür bildeten einstige Legehennen aus Biohöfen. Lässt hier deren Eierleistung nach, wandern sie gewöhnlich zum Abdecker. Anders jedoch auf Gut Krauscha, »wo sich nun der biologische Kreislauf schließt«, so Mautzschke. Denn über das nahe polnische Zielona Góra, wo ein öko-zertifizierter Schlachthof entstand, landen sie schließlich im Gemüsesud von Krauscha. Das Küchenteam gart das Geflügel, pult es per Hand und würzt es sparsam. »Das fertige Gericht füllen wir mit der Schöpfkelle in die Gläser«, so Mautzschke. »Denn keine automatische Abfüllung erlaubt derart große Fleischstücke, keine Maschine trennt so sauber das Fleisch von Haut und Sehnen«, schwört er auf seine Leute und deren Fingerfertigkeit.

Bioprodukte gelten landläufig als etwas für Puristen, die um der Umwelt willen eher mal verzichten: Auf Genussfreuden, auf allzu anmutige Produkte. Doch die sächsischen Gläseretiketten, die neben Geflügelklein auch Rindfleischprodukte und Vegetarisches offerieren, sind bunt, peppig, irgendwie schick. Sella Mevert lacht: »Die Grafikerin hatte uns halt empfohlen, statt auf das Öko- besser auf das Feinkostimage zu setzen.« Ein professionelles Layout sei schon die halbe Miete.

Und Naturkost liegt im Trend. Die Verkaufszahlen legen Jahr um Jahr zweistellig zu. So wächst auch die Nachfrage nach der Oberlausitzer Hausmannskost so stark, dass Mautzschke 2011 die Hofküche deutlich erweitern musste. Sein Team kann nun doppelt so viele Gläser füllen - bis zu 20 000 im Monat.

Millionenumsatz mit Hausmannskost

Mithin sei man heute, da das Hofgut 18 Leute beschäftigt, der »erste Betrieb seit 80 Jahren, der auf diesem sandigen Standort wirtschaftlich schwarze Zahlen schreibt«, freut sich der Agraringenieur. Nun mangele es sogar schon an ausreichend biologischen Suppenhühnern, bedauert er. Man könnte durchaus mehr verarbeiten, suche neue Partner.

Eine Million Euro setzt das Gut im Jahr um. Auch Großküchen, Biobäcker und Markthändler gehören zu den Kunden. Doch nicht alle Resultate der biologischen Landbewirtschaftung nennt die buchhalterische Jahresbilanz. »Auch die Zahl der Feldhasen steigt wieder, das Schwarzkehlchen kehrte zurück und letzten Sommer blühten erstmals wieder die Kornraden«, zählt er Ergebnisse auf, die ihm nicht weniger wichtig sind. Schon nach dem Studium - damals im landwirtschaftlichen Versuchswesen der DDR tätig - schlug er sich für den Naturschutz. Nach der Wende baute er dann im Brandenburgischen einen der ersten Ökolandbaubetriebe im Osten auf, zahlte dabei auch »bitteres Lehrgeld«. Doch eben daraus lernte er auch.

Nein, er sei kein Missionar, versichert Hans-Joachim Mautzschke. Er trage seine Ambitionen nicht wie auf einem Schild vor sich her. Doch die naturgerechte und störungsarme Bearbeitung der Felder liege ihm schon derart am Herzen, dass er dafür nicht erst auf staatliche Förderprogramme habe warten müssen. »Wir machen schon lange unseren eigenen Naturschutz«, so Mautzschke.

Und es sieht so aus, als werde das auch in einer nächsten Generation so bleiben. Einer seiner Söhne studiert mittlerweile in Eberswalde ökologischen Landbau.

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal