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Reisewarnung für Schweizer Banker

In den USA droht Mitarbeitern Verhaftung / Datenkauf durch Nordrhein-Westfalen erregt kaum

  • Steffen Klatt, Zürich
  • Lesedauer: 3 Min.
Die UBS hat keinen Diebstahl von Daten deutscher Kunden festgestellt. Damit relativiert sie Meldungen, Nordrhein-Westfalen habe eine CD mit UBS-Daten gekauft. Eine andere Affäre sorgt für weit mehr Aufregung.

Die Schweiz macht Ferien, die Politik ebenfalls. Der Kauf zweier CDs mit Kundendaten Schweizer Banken durch das Bundesland Nordrhein-Westfalen sorgt nicht für empörte Kommentare. Das war bei früheren Käufen ganz anders. Da kritisierten bürgerliche Politiker unisono den staatlichen Kauf von gestohlenen Dateien als Hehlerei. Auch die Großbank UBS, deren Daten auf einer der beiden aktuellen CDs enthalten sein sollen, versuchte die Meldung zu relativieren. Ihr lägen keine Erkenntnisse vor, dass Daten abgeflossen seien.

Der Kampf um das Schweizer Bankgeheimnis wird derzeit an einer anderen Stelle umso heftiger geführt: Viele Bankmitarbeiter müssen in den Ferien fürchten, bei Aufenthalten im Ausland verhaftet zu werden. Denn elf Geldhäuser haben den US-Behörden ausführliche Unterlagen zu einzelnen Mitarbeitern herausgegeben, Kopie des Reisepasses inklusive. Wie der Zürcher »Tages-Anzeiger« am Donnerstag berichtete, waren die Banken dazu sogar offiziell aufgefordert worden. So habe der Chef des Bundesamtes für Justiz, Michael Leupold, diese am 16. Dezember 2011 in einem vertraulichen Schreiben angewiesen, die Mitarbeiterdaten innerhalb von nur zwei Wochen einzureichen, und das in der Weihnachtszeit. Die Schweiz habe die USA zwar aufgefordert, die Angaben nicht gegen die einzelnen Mitarbeiter selbst zu verwenden. Aber seither dürfen sich viele Schweizer Banker nicht mehr sicher sein, bei der Einreise in die USA oder in anderen Ländern verhaftet zu werden. Der Schweizerische Bankpersonalverband hat daher eine Reisewarnung für die Betroffenen erlassen.

So weit ist es in den Beziehungen mit Deutschland noch nicht. Geht es nach der deutschen und der Schweizer Regierung, soll es auch nie so weit kommen. Das bereits unterzeichnete, aber nicht ratifizierte Quellensteuerabkommen regelt, wie mit den Schwarzgeldern deutscher Steuerhinterzieher umgegangen werden soll. Danach haben diese zwei Möglichkeiten: Sie zeigen sich selbst beim Fiskus an oder die Bank erhebt eine Pauschalsteuer, die je nach Fall zwischen 21 und 41 Prozent der Guthaben beträgt und von der Eidgenössischen Steuerverwaltung nach Deutschland überwiesen wird. Datenkäufe soll es nach Ansicht der Schweizer Seite dann nicht mehr geben. In der Alpenrepublik wird vermutet, dass das rot-grüne NRW mit den Datenkäufen längst Bundestagswahlkampf macht.

Das Steuerabkommen ist Teil einer sogenannten Weißgeldstrategie. Künftig sollen Schweizer Finanzinstitutionen nur noch versteuertes Geld annehmen. Dies sei ein unerlässlicher Bestandteil der Finanzmarktstrategie der Regierung, bekräftigte Finanzministerin Eveline Widmer-Schlumpf im Frühjahr. Im Herbst will sie diese Strategie konkretisieren.

Die Banken haben in ihrer Verteidigung des Bankgeheimnisses lange Zeit die Rückendeckung der Politik und der öffentlichen Meinung gehabt. Das hat sich nach dem tiefen Sturz der UBS und den Angriffen der Behörden vor allem der USA und Deutschlands geändert. Mit der Privatbank Wegelin ist bereits ein Geldhaus wegen der Angriffe vom Markt verschwunden. Weitere könnten folgen.

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