Die Stadt ist der Star

Bei den UFA-Open-Air-Filmnächten mit prominenten Paten steht Berlin thematisch im Mittelpunkt

  • Caroline M. Buck
  • Lesedauer: 3 Min.

Mit dem Umzug der UFA-Filmnächte vom Schlosspark Sanssouci auf den Schinkelplatz in Berlin-Mitte kommen dort drei Nächte lang Filme zur Aufführung, in denen meist die Stadt selbst die Hauptrolle spielt. Drei Filme stammen aus der Hochphase des Stummfilms, der vierte wandelt auf ihren Spuren. Alle werden mit Musik aufgeführt, und alle haben einen prominenten Paten.

Gleich der Auftakt wird ein langer Abend werden - und laut Wettervorhersage vielleicht sogar ein wolkenfreier. Es steht ein dokumentarisches Doppelporträt der Stadt auf dem Programm: Walther Ruttmanns »Berlin - Die Sinfonie der Großstadt«, der vor 85 Jahren seine Uraufführung hatte, und Thomas Schadts »Berlin: Sinfonie einer Großstadt«, die zehn Jahre junge Neuauflage mit der selben Prämisse: einen typischen Tagesablauf im Leben der Großstadt sinnlich erfahrbar zu machen, wobei Schadt zum Tagesablauf noch den der Jahreszeiten addiert. Zu Ruttmanns sinfonischem Filmstück spielt das Neue Kammerorchester Potsdam in einer sechzehnköpfigen Besetzung unter Scott Lawton eine Adaption der zur Premiere des Films geschriebenen Geräuschkomposition von Edmund Meisel. Schadts Film trägt seinen Soundtrack in sich. Pate der Aufführung ist der anerkannte Radiomoderator, Buchautor und Filmkritiker Knut Elstermann.

Am Freitag folgt mit »Asphalt« von Joe May ein Ufa-Studiofilm, am Stadtrand von Berlin gedreht, in dem Gustav Fröhlich als Berliner Schutzmann auf amouröse Abwege gerät, die bald auch zu beruflichen führen. Berlin als Sündenpfuhl und Großstadtmoloch, in dem auch der brave Mann der sinnlichen Versuchung erliegt und seine Uniform verleugnet. In dem Melodram (geplanter Untertitel: Der Polizeiwachtmeister und die Brillantenelse) fängt jener sich kurz vor der moralischen Katastrophe, ohne jedoch das Geschehene ungeschehen machen zu können. Die Wurzeln wackeln schon, die wenige Jahre später - der Film wurde im März 1929 uraufgeführt - vor dem braunen Sturm kapitulieren sollten. Zu seiner Zeit galt der Film noch als so korrumpierend, dass er Jugendverbot erhielt.

Der tatsächliche Asphalt auf den hier scheinbar regennassen Berliner Studiostraßen ist ganze vier Zentimeter dick und aufgetragen - auf Dachpappe. Statt Schaufensterscheiben verkleidet dünner Tüll die Ladenfronten, damit sich weder Günther Rittaus bewegliche Kamera noch einer der Beleuchtungskörper versehentlich darin spiegeln können. Die Auslagen aber sind echt - weil reale Berliner Firmen sich die Potemkin’schen Läden als Werbefläche zunutze machten und der Ufa dadurch viel Geld und Aufwand sparten. Der »horrende« Stromverbrauch (so Erich Kettelhut, Architekt der Studiokulisse) bei der Beleuchtung ganzer Straßenzüge wird diese Ersparnis wettgemacht haben. Die Musikbegleitung zu »Asphalt« übernimmt das Ensemble Trioglycerin, man wird also mit elektronisch verstärkten Klängen und modernen Soundeffekten rechnen können. Pate des Abends ist Joachim Król.

Am Samstag schließt die Reihe dann mit der Mutter aller Agentenfilme, mit »Spione« von Fritz Lang. Bei seiner Premiere im März 1928 zierte ein beleuchtetes Riesenauge die Fassade des Kinopalastes am Zoo, und Lichtstrahlen aus Riesenpupillen erfassten die Passanten: Der alles beobachtende Big Brother, dem keine Kleinigkeit verborgen bleibt, hatte in Rudolf Klein-Rogges Banker Haghi und seinen dunklen Machenschaften im internationalen Informationshandel lange vor George Orwell eine überzeugende Inkarnation gefunden.

Jörg Thadeusz ist der Pate dieses letzten Films. Die Musikbegleitung durch Neil Brand am Flügel mag zwar wie die kleinste der drei Musikfassungen erscheinen, dürfte aber spannend werden, schon weil Brand aus gutem Grund zu den weltweit meistgebuchten Stummfilmpianisten gehört. Fritz Langs eindrucksvoll gealterten Spionagethriller kennt er zudem gut - er hat dessen Musik schon für eine DVD-Edition eingespielt.

16.8.-18.8., Schinkelplatz, 20.30 Uhr, Tel.: 44 30 44 30, Info unter www.ufa-filmnaechte.de

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