Berufung von Inge Viett verworfen

Berliner Landgericht bestätigt Geldstrafe wegen antimilitaristischer Rede auf Rosa-Luxemburg-Konferenz im Januar 2011

  • Rainer Balcerowiak
  • Lesedauer: 3 Min.
Die frühere RAF-Aktivistin Inge Viett ist mit ihrem Versuch gescheitert, eine Geldstrafe abzuwenden. Mit der war ihr angeblicher Aufruf zu Anschlägen auf die Bundeswehr geahndet worden.

Das Landgericht Berlin hat am Freitag die Berufung von Inge Viett gegen eine Geldstrafe von 80 Tagessätzen à 15 Euro (insgesamt 1200 Euro) zurückgewiesen und damit ein Urteil der ersten Instanz bestätigt. Der früheren Aktivistin der »Bewegung 2. Juni« und der »Roten Armee Fraktion« wird vorgeworfen, in einer Rede auf der Rosa-Luxemburg-Konferenz am 8. Januar 2011 in Berlin Brandanschläge gegen Bundeswehreinrichtungen gerechtfertigt zu haben. Wörtlich hieß es in dem Beitrag: »Wenn Deutschland Krieg führt und als Antikriegsaktion Bundeswehrausrüstung abgefackelt wird, dann ist das eine legitime Aktion, wie auch Sabotage im Betrieb an Rüstungsgütern.«

Das Gericht sah durch diese Äußerung den Tatbestand der Billigung von Straftaten laut Paragraph 140 StGB erfüllt, da »das Gutheißen gewalttätiger Angriffe auf Bundeswehrfahrzeuge nicht von der Meinungsfreiheit gedeckt« sei, wie es in der Urteilsbegründung hieß. Zudem sei die Rede, die nach der Konferenz auch Gegenstand umfangreicher Medienberichterstattung war, geeignet gewesen, »den öffentlichen Frieden zu stören«, da Vietts Äußerungen in Teilen der Bevölkerung die Akzeptanz für derartige Straftaten erhöhen könnte. Ausdrücklich bezog sich das Gericht auf eine Serie von Brandanschlägen, die sich in den Jahren 2009 und 2010 in Berlin gegen Fahrzeuge der Bundeswehr sowie von Firmen richteten, die Dienstleistungen für die Streitkräfte erbringen.

Vietts Anwalt Sven Richwin forderte in der Verhandlung am Freitag einen Freispruch für seine Mandantin. Die Äußerungen Vietts hätten sich im Kontext ihrer Rede auf die generelle Legitimität von Sabotageaktionen gegen die Bundeswehr bezogen, wenn sich diese im Kriegseinsatz befinde. Dabei sei es auch um historische Bezüge zum antimilitaristischen Kampf von Karl Liebknecht und Rosa Luxemburg - der Namenspatronin der Konferenz - gegangen. Ein unmittelbarer Zusammenhang mit den in der Anklage aufgeführten Anschlägen sei nicht erkennbar. Eine Verurteilung auf Grundlage des Paragrafen 140 StGB setze aber die Billigung von konkreten Straftaten gegen »besonders schützenswerte Güter voraus«. Auch die von der ersten Instanz festgestellten erheblichen »Störung des öffentlichen Friedens« wies Richwin zurück. Der Anwalt verwies auf mehrere Urteile des Bundesverfassungsgerichtes zur Meinungsfreiheit, unter deren Schutz auch Forderungen nach radikalen Umwälzungen und einer anderen Gesellschaftsordnung fielen. Der Staatsanwalt forderte dagegen, die Berufung zurückzuweisen. Die Angeklagte sei schließlich nicht »irgendeine Lieschen Müller« sondern habe als Ex-Terroristin »in gewissen Kreisen eine Vorbildfunktion«. Zudem habe Viett bei öffentlichen Auftritten deutlich gemacht, dass ihr zur Durchsetzung ihrer politischen Ziele »jedes kriminelle Mittel recht« sei.

Dieser Auffassung schloss sich das Gericht weitgehend an und wies die Berufung zurück. Bei »lebensnaher Betrachtung« sei der Zusammenhang zwischen den erfolgen Anschlägen und Vietts Rechtfertigung derartiger Taten »zwingend«, hieß es in der Begründung. Somit sei der Tatbestand der Billigung von Straftaten erfüllt. Gegen das Urteil kann Revision eingelegt werden.

Abonniere das »nd«
Linkssein ist kompliziert.
Wir behalten den Überblick!

Mit unserem Digital-Aktionsabo kannst Du alle Ausgaben von »nd« digital (nd.App oder nd.Epaper) für wenig Geld zu Hause oder unterwegs lesen.
Jetzt abonnieren!

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal