Aufrecht

Anabel Hernández wurde am Montag mit der Goldenen Feder der Freiheit ausgezeichnet

  • Martin Ling
  • Lesedauer: 2 Min.

In manchen Ländern gilt Journalismus als Traumberuf, in Mexiko sicher nicht. Dort sind Journalisten mehr oder weniger Freiwild, wenn sie sich der Aufklärung von Korruption und Organisierter Kriminalität in Staat und Gesellschaft verschreiben. Seit die Regierung Calderon 2006 den »Krieg gegen die Drogen« ausrief, wurden 44 Journalisten in Mexiko umgebracht. Dieses Schicksal blieb Anabel Hernández bisher zum Glück erspart.

Hernández begann 1993 mit gewöhnlichem Lokaljournalismus. Zum investigativen Genre kam sie 2000 aus der Not, aus der sie eine Tugend entwickelte. Damals wurde ihr Vater entführt und umgebracht. Die Polizei erklärte sich zu Ermittlungen bereit - Vorkasse vorausgesetzt. Die Familie überlegte, lehnte ab, auch weil sie befürchtete, dann zwar einen Täter präsentiert zu bekommen, aber unter Umständen einen Unschuldigen, sollte die Polizei den wahren nicht finden. Keine Seltenheit in Mexiko. Bis heute weiß die Familie Hernández nicht, wer den Vater auf dem Kerbholz hat - ein Schicksal, das sie mit vielen Familien in dem Land teilt, in dem seit 2006 über 50 000 Menschen ermordet wurden.

Hernández schreibt gegen diese Realität an, in Artikeln für die Tageszeitungen »Reforma« und »El Universal« sowie für die Online-Nachrichtenseite »Reporte Indigo«. 2010 erregte sie mit ihrem Buch »Die Herren des Drogenhandels« große Aufmerksamkeit: Über 120 000 Exemplare wurden allein in Mexiko verkauft.

2011 machte sie Schlagzeilen, als sie im Fernsehen eine Morddrohung öffentlich machte: »Ich möchte verkünden, dass der Sekretär der Öffentlichen Sicherheit, Genaro García Luna und seine Mannschaft am Befehl festhalten, mich zu töten.« Der beste Schutz gegen solche Drohungen ist Öffentlichkeit. Daran wird der Welt-Zeitungsverband gedacht haben, als er Hernández am Montag die Goldene Feder der Freiheit verlieh. Die Preisträgerin sagte: »Für mich ist diese Auszeichnung ein Licht auf meinem dunklen Weg, ein Licht im einsamen und ungleichen Kampf zwischen einer Journalistin und einem ganzen Korruptionsapparat.«

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