Misstrauen gegen »Uncle Sam«

Globale Umfrage: Viel Ablehnung für Washington – auch unter Obama

  • Reiner Oschmann
  • Lesedauer: 2 Min.
Auch unter Präsident Obama werden die USA in vielen Teilen der Welt mit Misstrauen betrachtet. Das ist das Ergebnis einer Umfrage, die das internationale Institut für Markt- und Organisationsforschung YouGov im August unter 12 693 Erwachsenen in den USA, Europa, in Nahost, Nordafrika, Pakistan und China durchführte.
Die Umfrage fand vor Bekanntwerden des Islam-Schmähfilms statt, der den tödlichen Terrorangriff auf den US-Botschafter im libyschen Bengasi und antiamerikanische Proteste in der arabischen Welt auslöste. Ihr Trend wirkt aber wie die Hintergrundmusik zur aufgeflammten Gewalt.

»Amerikas Einfluss auf der Weltbühne«, schrieb der britische »Guardian« zur YouGov-Studie, »wird von weitverbreitetem Misstrauen gegenüber den Absichten der USA geschwächt, nicht nur im Nahen und Mittleren Osten oder in Südasien, sondern auch unter traditionellen Verbündeten in Europa.« Besonders stark sei die Ablehnung der USA-Politik in der arabischen Welt und in Pakistan, doch auch der »schwergewichtige europäische Alliierte Deutschland legt mehr Zweifel als Vertrauen an den Tag«. Die verbreitete Wahrnehmung der USA als »arrogant« sei eine enorme Herausforderung für die Obama-Regierung. Die Tatsache, dass 78 Prozent der Pakistaner den USA absprächen, verantwortungsbewusst zu handeln, widerspiegele »Washingtons ernsten Mangel an Soft Power in der Region, da es sich anschickt, Afghanistan zu verlassen«.

Kaum minder stark ist die Ablehnung der USA in der arabischen Welt. Befragte in Nahost und Nordafrika, die Vertrauen in die USA äußerten, werden im Verhältnis von mehr als zwei zu eins von denen übertroffen, die solches Vertrauen verneinen. 39 Prozent erklären, den USA »überhaupt nicht« zu trauen. Die Ergebnisse zeigen für den »Guardian«, »dass sich die arabische Antipathie, die aus der Irak-Invasion und der US-Unterstützung für Israel resultiert, durch Obamas Rückzug aus Irak, die US-Sympathie für den ›Arabischen Frühling‹ und die relativ zurückhaltende Rolle der USA in den Konflikten in Libyen und Syrien nicht abgeschwächt hat.«

Ähnlich besorgniserregend für Washington sei »die lauwarme Unterstützung unter den westeuropäischen Verbündeten«. Eine Mehrheit der Deutschen äußerte mehr Vorbehalte als Vertrauen zu den USA. Gebeten, einen Begriff zu wählen, den sie mit den USA verbinden, nannten »40 Prozent aller britischen Befragten ›tyrannisierend‹, ein höherer Prozentsatz als in jedem anderen Land der Umfrage«.

Einer Umfrage des German Marshall Fund of the United States zufolge, über die der »Guardian« ebenfalls berichtete, »bricht die öffentliche Unterstützung für den Krieg in Afghanistan in den westlichen und NATO-Ländern zusammen. 53 Prozent der Europäer und 44 Prozent der Amerikaner favorisieren den sofortigen Rückzug aller Truppen«, während »große Mehrheiten« – 75 Prozent aller Befragten in Europa und 68 Prozent der Amerikaner – entweder den sofortigen Abzug aller oder die umgehende Reduzierung der Truppen befürworten. In jedem europäischen Land, das Truppen in Afghanistan hat, fordere eine Mehrheit den vollständigen Abzug: sowohl in Deutschland (51 Prozent) als auch in Großbritannien (52), Italien (55), Frankreich (61) und Polen (62 Prozent).
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