In Berlin geht nichts ohne SPD

Trotz BER-Chaos bleibt Wowereit an der Macht

  • Martin Kröger
  • Lesedauer: 2 Min.
Unter Journalisten in Berlin kursiert eine Geschichte. Demnach ließ der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) im Herbst vergangenen Jahres die Koalitionsverhandlungen mit den Grünen auch deshalb platzen, weil ihm die dünne Mehrheit von einer Stimme angesichts der bevorstehenden Infrastrukturgroßprojekte wie der A 100 zu wacklig erschien. Bei der deutlichen Mehrheit mit der CDU seien dagegen auch in schwierigen Situationen keine Probleme zu erwarten – selbst wenn es Abweichler vom Senatskurs geben sollte.

Angesichts der Dauerkrise, in der der Senat und vor allem auch der Regierende Bürgermeister als Aufsichtsratsvorsitzender der Flughafengesellschaft wegen des BER-Desasters stecken, war das sicher eine vorausschauende Entscheidung. Dass Wowereits Popularität in der Stadt in nicht allzu ferner Zukunft derart in den Keller sinken könnte, konnte er im Herbst 2011 jedoch sicher nicht vorhersehenn. Galt er doch bei einigen linken Sozialdemokraten zu dieser Zeit gar als Kanzlerkandidat für die Bundestagswahl 2013.
Davon spricht heute niemand mehr. An Wowereit und seiner SPD, deren Reihen sich nach dem innerparteilichen Machtkampf um den Landesvorsitz inzwischen wieder geschlossen haben, kommt in Berlin dennoch niemand vorbei. Denn ohne die SPD ist trotz eher magerer Umfragewerte um die 25 Prozent derzeit keine Koalitionsoption denkbar.

Schwarz-Grün etwa wäre den Grünen-Wählern nicht zu vermitteln. Rot-Rot hat angesichts einer Linkspartei, die auch in der Opposition weiter um zehn Prozent dümpelt, keine Chance. Dreierbündnisse sind generell verpönt. Frei von Krisen ist aber auch der SPD-Koalitionspartner CDU nicht. Die Union hat in nur neun Monaten zwei Senatoren verschlissen. Mit einem sich anbahnenden Skandal um einen V-Mann im NSU-Kontext könnte die Popularität des CDU-Innensenators Frank Henkel in Mitleidenschaft gezogen werden – dem stark kritisierten Wowereit könnte das wieder etwas mehr Luft verschaffen.
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