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Karniner Brücke bleibt wohl Ruine

Einst hatte Rot-Schwarz in Schwerin vom Wiederaufbau der Peene-Querung gesprochen – das ist vorbei

  • Velten Schäfer
  • Lesedauer: 3 Min.
Enttäuschung für Usedomer Eisenbahnfreunde und Touristiker: Nach einer Ausschusssitzung in Schwerin rückt der avisierte Wiederaufbau der Peenebrücke nach Usedom erneut in weite Ferne.
Am beeindruckendsten sieht das stählerne Monstrum vom Wasser aus, wenn man etwa mit einem Boot auf dem Peenestrom unterwegs ist. Kurz vor Erreichen des Stettiner Haffs ragt ein riesiges Eisengerüst aus dem Wasser – der Hubteil der einstigen Eisenbahnbrücke auf der Strecke zwischen Ducherow und Swinemünde, dem heutigen Swinoujscie.

Seit 1875 gab es einen Brückenschlag an dieser Stelle bei dem kleinen Ort Karnin, doch das spektakuläre Stahlgerüst, das bis heute zu sehen ist, war nur wenige Jahre in Betrieb. 1933 fertiggestellt, wurde die Hubbrücke wenige Tage vor Kriegsende von deutschen Soldaten gesprengt, um das Passieren des Stroms zu erschweren.

Bereits in den 1960er Jahren hatte die DDR Pläne, die Brücke wieder aufzubauen – doch wurde dies immer wieder verschoben. Im Frühjahr 1990 sollten die Reste dann sogar abgerissen werden, wogegen sich Bürger in buchstäblich letzter Sekunde zur Wehr setzten. Seitdem wird der Hubteil immerhin als Baudenkmal erhalten – und wer etwas in der Region Populäres sagen will, macht sich für einen Wiederaufbau stark. So auch im Jahr 2011 Rot-Schwarz in Schwerin. Auf Antrag der Regierungsfraktionen sprach sich der Landtag für einen raschen Wiederaufbau der Brücke und der Strecke aus. Auch der damalige Verkehrs- und heutige Energieminister Volker Schotmann (SPD) wollte sich dafür einsetzen, die Strecke und damit die Brücke in den »vordringlichen Bedarf« des Bundesverkehrswegeplans aufzunehmen. Durch einen Wiederaufbau würde sich die Bahnfahrzeit zwischen Berlin und der Insel Usedom von rund vier auf zwei Stunden halbieren. Dies könne die touristische Entwicklung vorantreiben. Allerdings enthielt der Antrag von 2011 auch den Zusatz, durch einen Wiederaufbau der Brücke und der Strecke dürften keine anderen dringenden Verkehrsprojekte im Land von der Agenda geschoben werden. Auch die LINKE hatte zugestimmt.

Nach einer Sitzung im Energieausschuss des Landtages, der sich mit dem Brückenschlag befasste, stellt sich in Schwerin nun aber erneut Ernüchterung ein. »Das Projekt konkurriert mit anderen Projekten, die in den Bundesverkehrswegeplan aufgenommen werden wollen. Und weil die Prognosen für die Wirtschaftlichkeit der Strecke weit auseinandergehen, steht zu befürchten, dass der Bund lohnendere Vorhaben bevorzugen wird«, erklärt Mignon Schwenke, verkehrspolitische Sprecherin der Linksfraktion. Aus ihrer Sicht entpuppt sich der Beschluss von 2011, der den Zusatz enthielt, durch den Brückenschlag dürften keine anderen wichtigen Vorhaben im Land von der Agenda gedrängt werden, nunmehr als »Wahlkampfgetöse«.

Schon im Frühjahr 2012 hatte die Bundesregierung auf eine Anfrage des Grünen-Verkehrsexperten Anton Hofreiter erklärt, die Brücke sei nicht wirtschaftlich. Auch 2008 war Berlin zu einer solchen Einschätzung gekommen. 2010 veröffentlichte die Bahn allerdings ein Gutachten mit abweichendem Inhalt, das neben dem Personenverkehr auch den Güterverkehr einbezog.

Einstweilen dürfte die Karniner Brücke bleiben, was sie bereits seit Jahrzehnten ist: Ein wildromatisches Baudenkmal.
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