Neonazis kamen nicht durch

Tausende Menschen verhinderten in Potsdam einen NPD-Aufmarsch

  • Sven Kames
  • Lesedauer: 3 Min.
Tausende Menschen verhinderten am Samstag eine Demonstration der NPD. Unter dem Motto »They shall not pass« beispielsweise hatte ein linkes Bündnis aufgerufen, die rechte Demo zu stoppen. Zudem waren zahlreiche Menschen der Einladung von »Potsdam bekennt Farbe« zu einem Toleranzfest gefolgt.

Mehrere tausend Menschen haben am Sonnabend in Potsdam eine Neonazi-Demonstration verhindert. Mit friedlichen Menschenblockaden war der Raum um den Hauptbahnhof der Brandenburger Landeshauptstadt an sämtlichen Ausfallstraßen so dicht zugestellt, dass die dort versammelten Rechten keinen einzigen Meter laufen konnten. Allein schon auf der Langen Brücke Richtung Innenstadt hatten sich rund 1500 Personen zu einer Blockade versammelt. Weitere Kundgebungen fanden auf den anderen Ausfallstraßen statt. Nur rund 80 Neonazis waren überhaupt einem Aufruf der NPD zu einem Anti-Euro-Marsch in der Landeshauptstadt gefolgt.

Zu den Protestaktionen hatten mehrere Bündnisse aufgerufen, die ein Spektrum von Landes- und Stadtpolitik bis hin zu Antifagruppen abdeckten. Potsdams Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) beteiligte sich an der Blockade auf der Langen Brücke.

Die Blockierer bewiesen Ausdauer und ließen sich auch durch mehrfache Aufforderungen der Polizei, die Marschroute für die Neonazis freizugeben, nicht beeindrucken. Ab 11 Uhr hatten sich die Rechten auf dem Platz vor dem Hauptbahnhof versammelt - um 16 Uhr gaben sie schließlich auf und erklärten unter dem Jubel von zahlreichen Protestierenden ihre Versammlung für beendet.

Unter den Neonazis befanden sich Ex-NPD-Bundeschef Udo Voigt, der Brandenburger NPD-Vorsitzende Klaus Beier, sein Berliner Pendant Sebastian Schmidtke sowie etliche mutmaßliche Anhänger des »Nationalen Widerstand Berlin«, einer als besonders militant geltenden Gruppe aus der Bundeshauptstadt. Nach Polizeiangaben waren rund 2000 Beamte im Einsatz. Es habe keine besonderen Vorkommnisse gegeben, teilte ein Polizeisprecher mit.

Neben den Blockaden fanden weitere Antinazi-Protestaktionen statt. Schon am Vorabend etwa hatten etwa 150 Antifa-Anhänger in Potsdam demonstriert. Bei einem Toleranzfest des städtischen Bündnisses »Potsdam bekennt Farbe« hinter dem Hauptbahnhof wurden am Sonnabend 169 Luftballons steigen gelassen, um damit der Todesopfer rechter Gewalt seit der Wiedervereinigung in Deutschland zu gedenken.

Schon am Freitag hatte die NPD im Zusammenhang mit dem Potsdamer Aufmarschversuch eine Schlappe erlitten. Die Partei hatte gegen die Veröffentlichung eines Protestaufrufs auf der Internetpräsenz der Stadt Potsdam Klage erhoben. Der Aufruf widerspreche der Neutralitätspflicht, hatten die Neonazis argumentiert. Doch am Freitag urteilte das Oberverwaltunsgericht: Der fragliche Aufruf sei nur nachrangig dem Rathaus, sondern eher dem Bündnis »Potsdam bekennt Farbe« zuzuschreiben.

Zudem hätten auch Amtsträger das Recht, sich im Umfeld einer Versammlung kritisch zu Wort zu melden. Außerdem entspreche der Aufruf der Tradition des Potsdamer Toleranzedikts von 1685 und gehöre somit gewissermaßen zur Stadtkultur.

Ein mögliches Verbotsverfahren, Finanzprobleme, interne Zankereien - um die NPD steht es bundesweit schlecht. Und auch in Brandenburg reiht sich im laufenden Jahr eine Niederlage an die nächste. Besonders die Blockaden gegen ihre Demonstrationen machen der Brandenburger Neonazibewegung zu schaffen. Im Rahmen einer »Aktion Kleeblatt« wollte die märkische NPD in den vier größten Städten Brandenburgs aufmarschieren und auf sich aufmerksam machen. Doch sowohl in Frankfurt/Oder als auch nun in Potsdam wurden die Demonstrationen verhindert. Und in Cottbus und Brandenburg/Havel gab es ebenfalls Blockaden, durch die es zu empfindlichen Störungen und Einschränkungen kam. Am Ende des Tages versuchte ein NPD-Einheizer die Not zur Tugend zu machen: Man habe immerhin seinen Mann gestanden. Im November solle der Demoversuch in Frankfurt/Oder wiederholt werden. Und auch nach Potsdam wolle man noch einmal kommen - irgendwann, bestimmt sehr bald.

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