nd-aktuell.de / 22.09.2012 / Kultur / Seite 32

Acht mal: !!!!!!!!

Nun ist Herbst. Das Leben wird bunter!

Hans-Dieter Schütt

Das auf dieser Seite abgedruckte Gedicht von Theodor Storm hat 8 (acht!) Ausrufezeichen. Dies ist doch eher ein Erkennungs-Sprachzeichen der Warner, der Lehrer, der theoriefesten Beschwörer, der politischen Befeuerer. Selten dagegen, dass zur Lust am Leben derart ungehemmt und leidenschaftlich fordernd gebeten, nein: aufgerufen wird! Und das auch noch anlässlich des Herbstes, der Dunkelzeit also, der Eintrübungen.

Die dritte Jahreszeit. Im Grau die Farbe entdecken. Fantasiebilder auf Nebelwände malen. Fallende Blätter als großes Entgegenkommen feiern. Schmeichelhaft, dass uns die Wolken jetzt öfter das Wasser reichen wollen. Schön, in nächster Zeit im Mantel frohlocken zu können, wie uns die Welt vergeblich an den Kragen will.

Theodor Storm: Oktoberlied

Der Nebel steigt, es fällt das Laub;
Schenk ein den Wein, den holden!
Wir wollen uns den grauen Tag
Vergolden, ja vergolden!

Und geht es draußen noch so toll,
Unchristlich oder christlich,
Ist doch die schöne Welt,
So gänzlich unverwüstlich!

Und wimmert auch einmal das Herz, -
Stoß an, und laß es klingen!
Wir wissen‘s doch, ein rechtes Herz
Ist gar nicht umzubringen.

Der Nebel steigt, es fällt das Laub;
Schenk ein den Wein, den holden!
Wir wollen uns den grauen Tag
Vergolden, ja vergolden!

Wohl ist es Herbst; doch warte nur,
Doch warte nur ein Weilchen!
Der Frühling kommt, der Himmel lacht,
Es steht die Welt in Veilchen.

Die blauen Tage brechen an;
und ehe sie verfließen,
Wir wollen sie, mein wackrer Freund,
Genießen, ja genießen!

Aus: »Das soll Dir bleiben. Für morgens und abends.«
Hrsg. von Friedrich Schorlemmer. Radius Verlag
Stuttgart. 766 S., Leinen, 20 Euro